16. Geburtstag: Feiern mit Radio FM4

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Das Geburtstagsfest des Senders findet alljährlich in der Wiener Arena statt. Dieser Sender hat seine Hörer so innig gebunden, dass sie auch ohne wirklich große Namen zu kommen und frieren bereit sind.

Zur Kultur gehört auch, dass sich der Mensch über die Natur erhebt, sich etwa den Widrigkeiten des Wetters widersetzt. So gesehen, ist das Geburtstagsfest des Radiosenders FM4, das alljährlich in einer kalten Jännernacht in der Wiener Arena stattfindet, schon eine eminente Kulturleistung, wenn das Programm nur okay ist. Außerdem konnte man heuer bei diesem frostigen Fest gut darüber meditieren, dass 1) Pelzkrägen fürs ungeübte Auge schwer von Kunstpelzkrägen zu unterscheiden sind, 2) mindestens so häufig ihr Comeback haben wie Disco, 3) bestens zu diesem passen.

Andrew Butler, Musikdirektor von Hercules and Love Affair, entschied sich dann doch lieber dafür, seinen Oberkörper nackt zu zeigen, gewiss aus den oben genannten Gründen, ein wenig wohl auch, weil er auf die Fülle seiner Muskeln stolz ist. Diese protzige Proteinarchitektur würde man gefühlsmäßig freilich eher mit martialischem Techno assoziieren als mit dem konservativ-eleganten (Chicago) House, für den dieses Ensemble zu Recht gerühmt wird. Live wird dieser, wie in den meisten Dancefloor-Genres üblich, mit diversen aufmunternden Parolen verbrämt. Was schon in Ordnung ist, aber in einer Halle besser funktioniert als bei einem Freiluftkonzert. Sagen wir es schlicht: Disco wirkt am besten in der Disco und House im Haus. Und „My House“ von Hercules and Love Affair ist die beste Retro-Disco-Nummer seit Langem.

Ein außergewöhnliches polyrhythmisches Erlebnis konnte man sich kurz vor halb zwölf auf der Terrasse der Arena verschaffen: Nur wenige Schritte zurück in Richtung Halle, und man kam vom Reich der House-Beats in ein noch älteres rhythmisches Regime: Ska! Waren es noch „I Am Cereals“ aus St.Pölten? Jedenfalls ein netter Clash im Land of a thousand dances...

Art-Rock aus Bristol: Chikinki

Dass dort auch seltsame Götter, z.B. ein „Silver God“, irrlichtern, führten Chikinki vor: eine britische Art-Rock-Band, für die man sich nicht schämen muss, mit schön verschrobenen Synthesizern. Geradliniger klang das Go! Team aus Brighton, das zu allen Stilrichtungen bereit ist, wenn sie nur zur Freude und Fröhlichkeit beitragen, und das ist nicht abschätzig gemeint.

Dass alle diese Bands an normalen Tagen deutlich kleinere Lokalitäten bespielen, ist ein Kompliment für FM4: Dieser Sender hat seine Hörer so innig gebunden, dass sie auch ohne wirklich große Namen zu kommen und frieren bereit sind. Und die Tortenstücke, die man ihnen zuwirft, dankbar essen. Vielleicht nicht ganz „the greatest radio show on earth“, aber im deutschen Sprachraum doch einmalig. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2011)

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