Christoph und Lollo: Nie mehr Schispringerlieder?

Christoph Lollo mehr Schispringerlieder
Christoph Lollo mehr Schispringerlieder(c) www.christophundlollo.com / Ingo Pertramer
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Christoph und Lollo setzen auf Understatement und bringen den ausverkauften Stadtsaal zum Jubeln: Ihre neue CD „Tschuldigung“ bietet alles von Gesellschaftskritik über politische Wünsche bis zu kindischem Klamauk.

„Wir haben zehn Jahre lang nur über Schispringer gesungen. Das war unsere gute Phase. Schade, dass Sie heute da sind." Mit solchen Understatements versuchen Christoph und Lollo zwischen ihren Liedern die Stimmung zu drücken. Das klappt freilich nicht. Denn ihre ruhige Art, die sich nie anbiedert, ist seit 15 Jahren ihr Markenzeichen - da jubelt das Publikum im ausverkauften, pompösen Wiener Stadtsaal.

Wer die beiden Burschen aus ihren Anfängen Ende der 90er kennt, als sie im Gasthaus Vorstadt Pausenfüller bei Grissemann und Stermann waren, der wunderte sich am 1. April 2011 vielleicht: Haben sich die jungen Männer gar nicht verändert, außer dass die Haare nun kurz sind? Wie damals umgibt sie die gleiche „Scheiß-mir-nix"-Attitüde, wenn Christoph (Drexler) am Mikrophon steht und Lollo (Pichler) auf dem Hocker sitzt und die Gitarre spielt. Wie damals quatschen sie intelligenten Blödsinn zwischendurch. Doch nach dem Opener, einem alten Schispringerlied, bemerkt das Publikum: Die haben sich ordentlich entwickelt! In den Songs der neuen CD „Tschuldigung" geht es nicht mehr um das kreative Darstellen verkrachter Existenzen wie damals bei den Schispringerliedern, sondern um Gesellschaftskritik („Diese Stadt", „Islamlied"), um politische Bildung („Moritat vom Kriegsminister Theodor Graf Baillet de Latour", „Burschen") und - zur Zeit am bekanntesten - um den Wunsch, zwielichtige Politiker hinter Gitter zu bringen („Karl Heinz"). Und zwischendurch einfach darum, dass Männer nicht wissen, wo sie hinschauen sollen, außer auf die Brüste von Frauen.

„Tschuldigung", das sagen Christoph und Lollo wirklich nach fast jedem Lied: Sei es, weil ihnen der rüde Text peinlich war, oder weil sie sich verspielt, versungen oder das Publikum angespuckt haben, oder in einem Witz anwesende Deutsche beleidigt. Dabei muss ihnen nichts Leid tun: Die aktuelle CD und vor allem ihre Bühnenshow bietet Musikkabarett, wie es in Österreich rar ist. Manche Lieder erinnern in ihrer Radikalität gar an frühe Monty-Python-Songs wie „Never Be Rude to an Arab" oder „Oliver Cromwell" (auch das Video zur „Moritat vom Kriegsminister" dürfte von Terry Gilliams Animationen inspiriert sein). Und am Ende haben Christoph und Lollo noch den Mut, ihr langedientes Schlusslied dem Publikum zu verweigern: Aus dem Stadtsaal konnte man diesmal nicht das „Funaki"-Lied als Ohrwurm mitnehmen, dafür hörte man in der U3 noch Menschen singen: „Wann geht der Karl-Heinz endlich in'n Häfn?" Fazit: Christoph und Lollo sollen ruhig noch lange so tun, als ob sie nichts könnten, und uns dabei so klug, so kindisch und so komisch unterhalten.

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