Miles Davis: Die Magie von Mono

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Die frühen Columbia-Aufnahmen von Miles Davis.

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Der 17. Juli 1955 war nicht nur ein Wendepunkt im Leben des Trompeters Miles Davis. Er sollte die Welt des Jazz für immer verändern. Der damals 29-jährige Davis hatte eine Reputation als höchst talentierter, aber unzuverlässiger und zu Drogen greifender Musiker. Um so überraschender, dass ihn George Wein an diesem Abend bei seinem Newport Festival auftreten ließ. Die Jamsession mit Zoot Sims, Gerry Mulligan, Conny Kay, Percy Heath und last but not least Thelonious Monk fuhr dem im Publikum sitzenden, heute 94-jährigen Musikproduzenten George Avakian derart ein, dass er Davis für das Columbia-Label engagierte. Vor allem die Interpretation von Monks’ „Round Midnight“ beeindruckte ihn. Miles Davis’ erstes Album für das renommierte Label war dann gleich eine Liveaufnahme seines auf Drängen Avakians gegründeten Quintetts. Wesentlichster Mitspieler war schon hier der Saxofonist John Coltrane, der mit Davis die beste Trompeten/Saxofon-Paarung seit Charlie Parker und Dizzy Gillespie bildete. Die nun edierte Neun-CD-Box „The Original Mono Recordings“ enthält Aufnahmen von 1955 bis 1963, da­runter epochale Alben wie „Sketches Of Spain“ und „Kind Of Blue“, das kommerziell erfolgreichste Album der Jazzgeschichte. Über sechs Millionen Stück wurden von diesem stoisch klingenden Meisterwerk seither verkauft. Es zeigt Davis und seine Mitstreiter im freien Raum der modalen Skalen improvisierend. Leichten Herzens verließ Davis’ famose Kombo um Bill Evans, Julian Cannonball Adderley und John Coltrane die Welt der funktionsharmonischen Akkordfortschreitung. Ergebnis war eine bis dahin ungekannte Klangschönheit, deren inhärente Schwermut bisweilen überraschend herb abstrahlte.


Zeitlos. Mark Wilder, der die Alben frisch gemastert hat, schwärmt im Booklet von der großartigen Direktheit der Monoaufnahmen. Keine Trickserei käme der Musik in die Quere, alles sei wie von Miles Davis intendiert. Für alle, die von klein auf mit Stereo korrumpiert wurden, ist das nicht ganz nachzuvollziehen. Wie man schon bei der Veröffentlichung der Remasters der Beatles gesehen hat, gibt es durchaus einen neuen Kult um Mono. Soll sein, schließlich ist sowohl die Musik der Beatles wie jene von Miles Davis zeitlos. Sie werden noch viele Klangmoden überstehen. Egal, ob man Miles in Mono, Stereo oder Quadro hört, ob sein Jazz durchs Goldkabel oder aus dem Transistorradio strömt – sie wird allzeit ihre Aura von Geheimnis bewahren.

„The Original Mono Recordings“ (Columbia/Sony)

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