Beck: Die Ruhe eines Rastlosen

(c) Beigestellt
  • Drucken

Beck überzeugt mit einem großartigen, stillen Album.

(c) Beigestellt

Mittlerweile hat man sich schon gut an die quietschbunte Formenwandlerei von Beck gewöhnt. Dass der kalifornische Musiker, Großkünstler und Renaissancemann ständig im Fließen, Sich-geschmeidig-Verbiegen und Neuverkabeln der Welt befindlich ist, ist als sein Hauptcharakteristikum etabliert. Schon auf vielen möglichen musikalischen Spielplätzen hat er sich probiert und meist – ohne bloß dem jeweiligen Stil konforme Pastiche abzuliefern – mit überraschenden Ergebnissen als erfolgreich erwiesen.

Von Hip-Hop bis Disco.  Auf dem Album „Odelay“, seinem Opus Magnum aus dem Jahr 1996, hat Beck in einer abenteuerlichen Collage Elemente aus Hip-Hop, Country, Garagen-Rock und Lounge-Exotica zu einem so noch nie gehörten Wunderwerk der Samplekunst aneinandergeschnitten. Auf seiner ewig unterschätzen Platte „Midnite Vultures“ verbeugte er sich 1999 – lange bevor es cool gewesen wäre – vor Prince, dessen hypersexualisiertem Funk und überdrehter Disco. Zwischendurch veröffentliche Beck hervorragende Alben voller eher traditioneller Liedermacherei am Lagerfeuer oder machte die brasilianische Tropicalia-Bewegung der späten 1960er-Jahre einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Würde Beck nun ein Album voll minimalistischen Technos ohne Gesang oder eine Aufnahme mit einem sibirischen Free-Jazz-Ensemble veröffentlichen – man würde nur sehr kurz mit den Augen rollen. So eine Platte ist „Morning Phase“, sein erstes reguläres Album in sechs Jahren, aber nun nicht geworden. Vielmehr wieder ein reduziertes, in sich ruhendes Songwriter-Album, auf dem die akustische Gitarre und ein leises Klavier zärtlich dominieren und das nicht mit bunten Lichtern blinken muss, um Aufmerksamkeit zu erregen. „Morning Phase“ ist – wieder einmal – eines der besten Alben im üppigen Katalog von Beck geworden, eine Platte, die gern auch als verspätetes Begleitstück zum tieftraurigen Break-up-Album „Sea Change“ aus dem Jahr 2002 gelesen werden kann. Musikalisch ähnlich zerbrechlich und schwelgerisch inszeniert, greift „Morning Phase“  inhaltlich jedoch weiter: Während „Sea Change“ ziemlich konkret einen tatsächlichen Trennungsschmerz im Leben des Künstlers behandelte, vertont die neue Platte nun eine universelle Sehnsucht, eine Traurigkeit, eine Leere. Über weichen Streicherarrangements, süßlich singenden Banjos, einer gelegentlichen Mundharmonika, einem Folk honigfarbener Melancholie summt und haucht Beck uns ins Ohr und kündet davon, dass das Leben sehr oft sehr bitter ist. Aber auch davon, dass Hoffnung besteht. (Capitol Records)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.