Sd Laika: Regime der Maschinen

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Produzent Sd Laika baut Soundtracks für die Geisterbahn.

„That’s Harakiri“ entzieht sich Kriterien wie jenem der Schönheit.
„That’s Harakiri“ entzieht sich Kriterien wie jenem der Schönheit.(c) Beigestellt

Dunkle Wolken ziehen herauf. Es knackst im Unterholz. Aus der Ferne dringen unerhörte, hässliche Geräusche ans Ohr, sie mögen aus einer kalten Fabrikshalle stammen, in der einsame Männer Stahl schmieden. Das Leben ist voller Mühe. Der aus Milwaukee stammende Produzent Sd Laika schraubt dazu als Begleitmusik die unwirtlichste Elektronik zusammen, die es aktuell zu erleben gibt. Er baut Soundtracks für die Geisterbahn, deren vorderste Aufgabe die Vermittlung von Terror ist, Spaß nur mehr am Rande. Hart schlagen Beats, scharf schneidet das Metall. Sd Laika verdeutlicht, warum mancherlei Musik „Industrial“ genannt wird. Bislang hat der junge Mann eine EP und ein knappes, ausschließlich aus eigenem Material bestehendes Mixtape veröffentlicht und damit 2013 die Hoffnungen in sein jetzt erscheinendes Debütalbum ins kaum mehr Messbare hochkochen lassen. Man erwartete hier nicht wesentlich weniger als eine neue, eigene Stimme, die in der Lage sein könnte, die Elektronik-Avantgarde mit ein bisschen neuem Vokabular zu füttern. Was Sd Laika und seiner Platte, die er schon auch ein wenig augenzwinkernd übertrieben, gleichzeitig aber doch im Dienste der Drastik „That’s Harakiri“ genannt hat, gelingt. Die Vergangenheit der Tanzmusik, Techno, Dubstep, Grime, hat Sd Laika sich einverleibt, zerlegt, verbogen, auseinandergefräst und in eine neue, absurde Form gebracht. Tanzbar ist das dann bloß noch für besonders Begabte. Biografische Daten sind über Sd Laika so gut wie keine bekannt, Fotos gibt es eineinhalb von ihm. Mit voller Absicht bemüht er die einst so oft heraufbeschworene Anonymität des Techno-Produzenten. Dass durch die Verweigerung von Image freilich auch schon wieder Image generiert wird, ist klar, dennoch geht es bei Sd Laika tatsächlich um höchstmögliche Entmenschlichung in der Musik. Es ist ein Regime der Maschinen, und wir sollen es hören.

Roh und räudig. Kriterien wie jenem der Schönheit entzieht sich „That’s Harakiri“ komplett. Selbst wenn diese Platte stets vom Charme des Rohen und Räudigen lebt, immer skizzenhaft, noch nicht ganz fertig gedacht scheint bzw. schon wieder komplett auseinanderzufallen droht, in Auflösung begriffen ist, ist sie doch mit Detailreichtum gearbeitet. Ins betont karge Design passen verblüffende Sound-Ideen. Finstere Landschaften, ein schiefes Orgelmotiv, ein besoffen aus der Drum Machine torkelnder Beat. Die Welt ist schlecht. Dies ist die Musik für die Zukunft. Die bekanntlich kaum golden sein wird. (Tri Angle Records)

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