Jazz: It’s Got That Swing!

(C) Streamline/Columbia
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Lady Gaga und Tony Bennett singen Altamerikanisches.

Dass Stefani Germanotta alias Lady Gaga hinter den Potemkinschen Dörfern ihrer Bombastästhetik eine ausgezeichnete Pianistin ist, weiß man spätestens seit ihrer ersten Welttournee. Eine wirkliche Überraschung ist, dass sie dank ihrer flexiblen Intonation auch als Jazzsängerin taugt. Die 28-jährige New Yorkerin hat sich den 88-jährigen Crooner Tony Bennett angelacht, der einst sogar von Frank Sinatra als „bester Sänger“ der Welt geadelt wurde. Nun, die Jahre sind nicht spurlos an
Bennett vorübergegangen. Sein Stimme ist brüchiger, dafür aber charaktervoller geworden. Kennengelernt haben sich die beiden bei den Aufnahmen zu Bennetts zweiter Duets-CD. Damals sangen sie „The Lady Is a Tramp“ und verstanden sich auf Anhieb. Nun liegt mit „Cheek to Cheek“ das erste gemeinsame Album vor. Für das Booklet hat man Jazzclubszenen nachgestellt, wie sie klischeetriefender nicht sein können. Lady Gaga lutscht an Whiskeyflaschen und Trompeten, halb nackte Fräuleins räkeln sich vor der Nase des altehrwürdigen Bennett. Man kann von Glück sagen, dass die Musik weitaus stilvoller mit dem reichen Erbe umgeht. Allein durch die beteiligten Musiker, u. a. Drummer Paul Francis, Pianist Tom Ranier und Tenorsaxofonist Joe Lovano, ist höchste Güte gewährleistet. „Keine Nation hat der Welt schönere Melodien geschenkt als die Komponisten des Great American Songbook“, erklärte Bennett jüngst im Telefonat mit der „Presse“. Die Auswahl aus den tausenden Songs des Great American Songbook, auf die sich beide einigen konnten, zeigt viel Gespür und einen Hang zur „sophistication“. Es beginnt mit dem bedächtig swingenden „Anything Goes“, bei dem die Begeisterung, mit der Lady Gaga ins Mikro jubiliert, schlicht gute Laune macht. Auch im dramatischen Kontext von „Nature Boy“, einst von Nat King Cole zum Welthit gemacht, weiß Lady Gaga zu betören. Gewiss wird sie ihr Popstardasein nicht so bald aufgeben, aber man darf hoffen, dass dies nicht ihre letzte Jazzplatte ist.

Leidenschaft. Besondere Gustostückerln sind die tiefgründigen Balladen wie „But Beautiful“. Das einst auch vom großen John Coltrane gespielte „Lush Life“ meistert die Gaga, umhüllt von seidigen Streichern, gar allein. So richtig krachen lässt es das ungleiche Paar ganz am Ende in Duke Ellingtons Klassiker „It Don’t Mean a Thing (If It Ain’t Got That Swing)“. Sehr hörenswert ist auch der nur via iTunes erhältliche Bonustrack „Bang Bang“. Fazit: Die Ahnungslosigkeit der Jazz-
novizin Lady Gaga hat ihre Leidenschaft gesteigert.Famos!

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