Die Heiterkeit: Alle Farben, die es gibt

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Ein vieldeutiges Album der Hamburger Gruppe Die Heiterkeit.

Hier geht es nicht um ostentativ gefühlvollen Verkumpelungsrock oder Ranschmeißertum. Das Eröffnungsstück auf dem dritten Album der Hamburger Band Die Heiterkeit nennt sich „Die Kälte“, der Text geht beispielsweise so: „Da wo ich wohne, ist es immer kalt, kalt, kalt. Hier kommt die Kälte.“ Warm klingt es nicht, dieses Lied, das die Türen öffnet, hinein in ein Doppelalbum, das den richtigen Titel „Pop & Tod I + II“ trägt. 20 Stücke in rund 60 Minuten, die also von den wichtigen Dingen, wenn nicht gar allem handeln. Nach zwei ohnehin schon sehr guten Platten ist Die Heiterkeit nun eine neue Band geworden, „Pop & Tod I + II“ ein reiches, vieldeutiges Album, das die Prächtigkeit aus allen Fässern zapft. Zwar ist die ursprüngliche Heiterkeit-Bassistin Rabea Erradi noch auf „Pop & Tod I + II“ zu hören, mittlerweile ist von der Urbesetzung aber einzig Sängerin und Gitarristin Stella Sommer übrig geblieben, die Gruppe um sie herum zum Quartett angewachsen. Da ist aber jetzt nicht bloß ein Keyboard zur Rocktrio-Besetzung dazugekommen. Die Eckpunkte, die man aus dem System der Heiterkeit bislang möglicherweise hat heraushören können, mag man auch hier noch entdecken: Früh-80er-Gitarren-Wave, Postpunk mit Synthesizer-Unterbau, The Cure, die immer wieder, und sicher nicht zu Unrecht, ins Spiel geführten Velvet Underground, geil verbogener 90er-Krach-Indie. Die Heiterkeit aber machen etwas Eigenes. „Pop & Tod I +II“ ist eine neue Sprache. Mehr Raum, mehr Hall, mehr Welt. Mehrstimmige Chorgesänge, Tupfer von Elektronik, mehr Pop, weniger Pop. Sind das Steeldrum-Sounds?

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Nicht alles zu Ende erklärt. Man wird sich also in Zukunft nicht bloß vornehmlich auf die bisherigen Alleinstellungsmerkmale der Gruppe festlegen wollen: Stella Sommers Texte, ihre Stimme, die dereinst verlässlich mit einem nicht falschen, angesichts ihrer Kunst jedoch verblassenden Wort beschrieben worden ist: sonor. Sommer ist in ihren Texten, den Bildern, klar und scharf, muss jedoch nicht alles und jedes zu Ende erklären. Sie singt von schlechten Vibes im Universum – möglicherweise ist man selbst der Urheber gewesen, und es ist okay so. Sie singt von den rätselhaften Wechselwirkungen zwischen Dunkel und Licht, den Beziehungen und den Verhältnissen, die nicht immer bloß amouröser Natur sein müssen. Diese Lieder wissen, wer sie sind. Im letzten Song darf einmal noch Helligkeit gefunden werden: „Und es ist großartig. Sind wir jetzt alle zufrieden?“ Hier steht die Wahrheit: Album des Jahres. (Buback)

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