Robert Glasper: Miles ahead!

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Robert Glasper interpretiert das Werk von Miles Davis neu.

Ein besserer Tribut an Miles Davis ist nicht vorstellbar. Gerade auch, weil fundamentalistische Jazzkritiker ihn in der Luft zerreißen. Doch Robert Glasper hat dank seines sensiblen Zugangs zur Essenz des großen Jazztrompeters, die ja in seiner steten Wandlung lag, trotz vieler Gäste ein konzises Meisterwerk geschaffen. Der Pianist aus Houston, Texas, zählt zu den großen Hoffnungsträgern für eine vitale Zukunft des Jazz. „Everything’s Beautiful“ ist eine unangestrengte Fusion aus Jazz, Soul, R & B und Funk, wie sie einst Miles Davis mit bahnbrechenden Alben wie dem rockbeeinflussten „Filles de Kilimanjaro“, dem multiethnisch-funkigen „On The Corner“ und natürlich dem magischen – von der damaligen Jazzkritik in der Luft zerrissenen! – „Bitches Brew“ glückte. Im Opener „Talking Shit“ führt Glasper einige Stimmsamples des eindrucksvoll heiseren Davis aus unterschiedlichen Sessions zusammen und lässt über erdigen Beat Josef Zawinuls geheimnisvolles E-Piano von „In A Silent Way“ glänzen. Dieses legendäre Stück hat Davis bekanntlich brutal entrümpelt, so sehr, dass es zu einem Klassiker der Ambientmusik geworden ist. Glasper ist gleichfalls nichts heilig. Wichtig war ihm nur ein verrauchter „Late Nite Vibe“. Einzig die rockige R & B-Nummer „I’m Leaving You“, mit Ledisi als Sängerin und dem Ex-Davis-Sideman John Scofield an der Gitarre, charmiert mit einem höheren Energielevel. Sonst herrscht eine entspannte Stimmung, die stark an die legendären, mit Jazzgrößen wie Donald Byrd eingespielten Laid-Back-Jazzfunk-Alben der Mizell-Brothers erinnert. Rapper Illa J, der Bruder des jung verstorbenen Hip-Hop-Beat-Genies J. Dilla, ist ebenso an Bord wie DJ Spinna und Stevie Wonder an der Mundharmonika.

„Everything’s Beautiful“: ein entspanntes, konzises Meisterwerk.
„Everything’s Beautiful“: ein entspanntes, konzises Meisterwerk.(c) Beigestellt

„In A Silent Way“. Ein ganz inniger Moment glückte mit „Maiysha“ vom Album „Get Up With It“. Erykah Badu singt es herrlich verschlafen, dennoch strahlt es auf paradoxe Weise Spiritualität aus. Von dunkler Eleganz ist „Ghetto Walkin’“, eine geglückte 21.-Jahrhundert-Version dieses Outtakes der „In A Silent Way“-Sessions. In den von Glasper ausgesuchten Miles-Davis-Samples fährt dessen gedämpfte, gelassene Phrasierung immer noch unter die Haut. Zauberisch verhuscht erklingt seine Trompete in „Little Church“, das im Original „Live-Evil“ zierte und nun von der aus-tralischen Funkband Hiatus Kaiyote neu gedeutet wurde. Wie das schönste Allerseelen im Frühling fühlt sich das von der britischen Sängerin Laura Mvula interpretierte „In A Silent Way“ an. Lebte er noch, hätte Miles Davis dieses Album wohl am liebsten selbst gemacht. (Sony)

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