Jean Michel Jarre: Im Herzen des Geräuschs

Pionier. Auf „Exit“ lässt Jarre ­Edward Snowden sprechen.
Pionier. Auf „Exit“ lässt Jarre ­Edward Snowden sprechen.(c) Beigestellt
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Elektronikpionier Jean Michel Jarre auf der Höhe der Zeit.

So manches Magazin hat Jean-Michel Jarre , einen der europäischen Pioniere der elektronischen Musik, als Napoleon der Marschmusik bezeichnet. So etwas ärgert den politisch engagierten Jarre, der kein Freund von „starken Männern“ ist. Auf ­„The Heart of Noise“, dem zweiten Teil seines famosen Konzeptalbums „Electronica“, auf dessen ersten Teil er sich im Vorjahr mit Kollegen wie Tangerine Dream, Moby, 3D, Air und John Carpenter verlustiert hat, gibt es nun einen Track, auf dem Whistleblower Edward Snowden eine Message kommunizieren darf. Jarre, der in den Siebzigerjahren mit zirpend-impressionistischen Meisterwerken wie „Oxygene“ und „Equinox“ die Grundlage für die Massentauglichkeit von elektronischer Musik gelegt hat, ist für dieses brisante Stück namens „Exit“ eigens nach Russland gereist.

„The Heart of Noise“, zweiter Teil von J. M. ­Jarres „Electronica“.
„The Heart of Noise“, zweiter Teil von J. M. ­Jarres „Electronica“.(c) Beigestellt

Luftige Kollaborationen. Snowden beklagt darin, dass zu viele meinen, dass sie, weil sie ohnehin nichts zu verbergen haben, keinen Datenschutz nötig hätten. Sein Vergleich leuchtet ein: „It’s no different than saying you don’t care about freedom of speech because you have nothing to say. It’s a deeply anti-social principal because rights are not just individual – they’re collective.“ Mit der gleichen Verve wie auf Album eins warf Jarre sich in ­luftige Kollaborationen mit so unterschiedlichen Kollegen wie Jeff Mills, Gary Numan, Primal Scream und Sébastien Tellier. Er jammte mit jungen Damen wie Julia Holter, aber auch mit distinguierten, älteren Herren wie Hans Zimmer und Dieter Meier von Yello. Egal, aus welcher Generation oder von welchem Kontinent – Jarre suchte sich Kollegen aus, die ihn inspiriert haben. Sein Dogma war, dass er sie alle persönlich im Studio treffen wollte. Bloßes Austauschen von Files, wie es in der Popmusik leider üblich geworden ist, kam für ihn nicht infrage. In Kategorien wie „Generationen“ dachte er als Künstler sowieso nicht. „Im Studio wurden wir alle zu spielenden Kindern“, sagte er im Interview. Das glockenhell von Julia Holter gesungene „These Crea­tures“ lässt wohlige Assoziationen mit ­Laurie Andersons einstigem Hit „Oh, Superman“ aufkommen. Mit dem Soundminimalsten Jeff Mills, der zuletzt über „Chronicles of Possible Worlds“ nachgedacht hat, geht es frohgemut ins bedrohliche Wurmloch des Techno. Im Vergleich dazu sehr poppig klingt „Here for You“ mit Gary Numan sowie „Swipe to the Right“, Cyndi Laupers piepsige Einladung in die Electro-­Disco. Am 17. November kann man dem an klassischen Akkordfortschreitungen geschulten Meister der elektronischen Opulenz live in der Wiener Stadthalle zusehen und zuhören. (Sony Music)

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