So ein verfluchter Kerl: Best-of-Album von Nick Cave and the Bad Seeds

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„Some people say that it‘s just rock and roll, but it gets you down to your soul.“ Dieser Anspruch durchzieht das Werk des düsteräugigen Australiers.

Weder um die Liebe noch ums Geld gehe es ihm, schrie Nick Cave 1988 im Gothic-Party-Kracher „Deanna“: „I‘m down here for your soul.“ 25 Jahre später, in „Push The Sky Away“, sang er das gleiche zu fragileren Klängen: „Some people say that it‘s just rock and roll, but it gets you down to your soul.“ Dieser Anspruch durchzieht das Werk dieses düsteräugigen Australiers: In seinem Reich, haben die banalen Dinge dieser Welt keinen Platz, hier geht‘s um die Tiefe, um die Seele, um Schuld und Sühne. Das hat den von Melancholie und Zorn zugleich befallenen Jünglingen in den späten Achtzigerjahren sehr gut gefallen, es gefällt ihnen immer noch, sie regieren einen Gutteil des Pop-Feuilletons.

„Dieser offensichtlich misanthropische, drogenumnebelte Haufen Langhaariger in Cowboyhemden und Maßanzügen wagte es, den Blues und den Rock‘n‘Roll zu verstümmeln und Sex und Tod und den Teufel und Jesus Christus zur normalerweise nichtssagenden Pop-Party einzuladen“, schwärmt Kirk Lake im Booklet der CD-Box „Lovely Creatures“ über Nick Cave und seine Bad Seeds.

Diese Band gibt es jetzt auch schon seit über 30 Jahren: Zeit für ein Best-of-Album, das Cave-Fans – und solche gibt es, wie gesagt, sehr viele unter den jetzt Fünfzigjährigen – nichts Neues offeriert, anderen Pophörern aber die Möglichkeit gibt, zu überlegen, was denn bleiben könnte von diesen bösen Samen. Am Beginn ist auch einer, der Cave recht kritisch sieht, gleich wieder gefangen von der Gewalt seiner frühen Beschwörungen: einer fatalen Frau in „From Her To Eternity“, des Geistes Elvis Presleys in „Tupelo“. (Den Versuch, „In The Ghetto“ besonders schicksalsschwer zu singen, überhört man besser, schlimmer war nur „Avalanche“, Caves gescheiterte Reverenz an Leonard Cohen.) Dann ist da „The Mercy Seat“ über die letzten Minuten eines zum Tode Verurteilten: hart, dramatisch.

„Lovely Creatures“: eine Werkschau von Nick Cave and the Bad Seeds.
„Lovely Creatures“: eine Werkschau von Nick Cave and the Bad Seeds.(c) Beigestellt

Romantische Ironie? Doch bald kommen Mitsingballaden wie „The Weeping Song“ oder „The Ship Song“: Die Ironie, mit der Nick Cave seine schluchzende Melancholie bestreute, klang damals vielleicht romantisch, heute wirkt sie vor allem bemüht – wie seine Miene auf damaligen Fotos: Wie sich dieser Mann anstrengte, gequält, hart und süchtig zugleich dreinzuschauen! Auf der dritten CD hört man ihn dann in der Rolle des durch alle Täler und Schatten gegangenen, gereiften Dichterfürsten, bisweilen zu larmoyant und egomanisch („There She Goes, My Beautiful World“), bisweilen wort- und bildstark, in der Vision vom Teufel und Robert Johnson im „Higgs Boson Blues“ etwa. (BMG)

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