Miles Mosley: Ghettomusik

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Jazzbassist Mike Mosley verbindet Biblisches mit Politik.

Kamasi Washington und sein Großensemble West Coast Get Down, dem Miles Mosley seit Jahren angehört, sind die machtvollste Demonstration des Westcoast Jazz seit den Sechzigerjahren. Im Kielwasser von Washingtons Dreifachalbum „The Epic“ kommen nun seine Mitspieler mit originellen musikalischen Statements. Zunächst verblüffte E-Bassist Thundercat mit seinem zwischen Future Funk und Country positionierten Album „Drunk“, nun hat Kontrabassist Miles Mosley das brillante R&B-Album „Uprising“ veröffentlicht. Sein Handwerk hat er bei Jazzgranden wie Ray Brown und John Clayton gelernt, doch er überschreitet gern die Grenzen des Genres – wie seine Kollegen: Kamasi Washington spielte mit Hip-Hop-Künstlern wie Kendrick Lamar und Snoop Dogg, Thundercat mit Yachtpop-Größen wie Kenny Loggins. Miles Mosley verzichtet auf „Uprising“ auf spektakuläre Duette: Er singt durchwegs solo. Seine hart groovenden Stücke erinnern angenehm an den Funk von Siebzigerjahre-Bands wie War und Mandrill. Mosleys kraftvolle Stimme navigiert geschickt zwischen Gospel-Ekstase und politischer Anklage. Im von Orgel und Klavier vorwärtsgepeitschten „Abraham“ verbindet Mosley lässig religiöse Metaphern mit soziopolitischer Militanz. Zunächst führt er sich mit den Zeilen „You can call me Abraham straight from the mountains of Jerusalem, I’ve got my shield, I’ve got my sword“ ein, bevor er beklagt, dass überall nur Lebensangst und Mittelmaß zu finden seien. Dann geht’s in den Modus der Drohung. Am Ende jedes Refrains ruft er: „I can hit a target that disappears.“

„Uprising“. Ein brillantes R&B-Album von Kontrabassist Miles Mosley.
„Uprising“. Ein brillantes R&B-Album von Kontrabassist Miles Mosley.(c) Beigestellt

„Street Fighter“. Das Kämpferische hat er sich bei Sagat abgeschaut, der Figur in der von ihm und Washington exzessiv gespielten Serie „Street Fighter“, die ihm am meisten behagt. Mittlerweile sieht er sogar ­Pa­rallelen zwischen seiner Rolle in der Jazzkombo und den Strategien dieses Fantasiekämpfers. „Du musst deine Position unter allen Umständen halten und wissen, wann es Zeit ist zu attackieren.“ Beinah zärtlich singt er in „L.A. Won’t Bring You Down“ der Jugend sozialer Brennpunkte wie South Central und Inglewood Mut zu. In anderen Songszenarien dominieren realistischer Zweifel und Enttäuschung. „I was promised so much more than this“, singt Miles Mosley mit glühender Stimme in „More Than This“. Mit seiner Mischung aus vokaler Dringlichkeit und nostalgischen Groovepatterns bohrt sich „Uprising“ elegant noch in die verschraubtesten Gehörgänge. (Verve)

Miles Mosley gastiert mit diesem Programm am 3. Juli beim Jazzfest Wien im Porgy & Bess.

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