Herzausreißerin: Holly Miranda und ihr fünftes Album

(c) Misha Vladimirskiy
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Auf „Mutual Horse“, ihrem fünften Soloalbum, zieht Holly Miranda alle Register.

So soulig hat die 35-jährige, aus Detroit stammende Singer/Songwriterin Holly Miranda noch nie geklungen. Nicht einmal auf ihrem strahlenden Solodebüt „The Magician’s Private Library“ vor acht Jahren. Musiziert hat die von Kirchenmusik und Motown-Soul sozialisierte Gitarristin, Pianistin und Sängerin freilich schon davor: Von 2001 bis 2007 war sie Bandleaderin der in Williamsburg, Brooklyn ansässigen Rockband „The Jealous Girlfriends“, nebenbei arbeitete sie mit David Sitek von TV on the Radio, mit Karen O von den Yeah Yeah Yeahs, mit Lesbenikone Lesley Gore und sogar mit Supergrantler Lou Reed. Auf „Mutual Horse“, ihrem fünften Soloalbum, zieht sie alle Register.

Dabei setzte sie nicht auf einen durchgängigen Albumsound, sondern gönnte jedem Lied sein ganz eigenes Arrangement. Wo andere bei den Details sparen, haut Miranda leidenschaftlich auf den Putz. Unklar, ob es der Schock über den Tod ihrer Mutter Gina war oder einfach der natürliche Reifungsprozess als Künstlerin, Miranda schuf Lieder, die man zwar etwa zehn Mal hören muss, ehe sie einem wirklich gefallen, dann aber bekommt man sie nicht mehr aus dem Kopf. „To Be Loved“, ein glühendes Bekenntnis zur bedingungslosen Liebe, schrieb sie in einem Anflug an Idealismus: Als der Song fertig war, war die Geliebte längst gegangen.


Wirkte sie früher zuweilen etwas distanziert, so geht es ihr jetzt ganz um Bekenntnisse. Im hübsch rockigen „Golden Spiral“ bläst sie sogar die Trompete. Ungeheure Dinge gehen vor. „Next door neighbors makin’ real life sex movies, some people call it dirty, some call it art“, singt sie mit dunkler Stimme.

Verletzlich. Ein anderes Highlight ist die Pianoballade „All of the Way“, in der zwei attraktive Melodien kollidieren. Miranda zeigt hier großen Mut zur Verletzlichkeit. Auf ein Bemühen um Situationskontrolle pfeift sie in ihren Liedern genauso wie im echten Leben. Schade bloß, dass diesmal ihre Liedtexte nicht abgedruckt sind. Auf der verhuschten Ballade „Exquisite“ teilt sie sich den Gesang mit Kyp Malone, dem rauschebärtigen Sänger von TV on the Radio. Den leicht sinistren Ohrwurm „Mr. Fongs“ croont sie mit Shara Nova von My Brightest Diamond. Das Tanzbein lockt sie mit „When Your Lonely Heart Breaks“, wo ihr sinnlich-schläfriger Gesang idealer Kontrapunkt zum fröhlichen Rhythmus ist. Als Schlusssong entzückt das folkige, als einzige Nummer karg instrumentierte „Mt. Hood“. Egal in welchem Setting, Holly Miranda klingt stets auf rätselhafte Weise neu. (Dangerbird)

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