Jazz am offenen Grab

GERMANY DAVID BOWIE
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David Bowie, auch schon 67, bringt 38 Jahre nach dem Sampler „Changes“ die Werkschau „Nothing Has Changed“ heraus. Darauf ist auch ein neuer Song: „Sue“.

David Bowie: "Sue (Or in a Season of Crime)". Von Paul Anka bis Lady Gaga, von Paul McCartney bis Robbie Williams: Alle entdeckten den alten Jazz wieder, interpretierten Pop im biederen Swing-Gewand. Wer diesen Trend grässlich findet, hat jetzt in David Bowie einen Verbündeten. In diesem Song findet auch er zum Jazz, aber zu einem viel aufregenderen. Das Maria Schneider Orchestra spielt wild pulsierenden, schreienden, dräuenden Big-Band-Free-Jazz, Bowie singt dazu mit der ihm eigenen abseitigen Feierlichkeit eine Sue an, mit der den Protagonisten ein gescheiterter Lebensplan verbindet: Job, Haus, Kind. Plötzlich ist vom Grab die Rede, und Bowie schwelgt: „I pushed you down beneath the weeds, I kissed your face, Sue, goodbye.“ Offenbar ein Mordfall. Die Bläser tragen nichts zur Aufklärung bei. Nichts ist hier versöhnlich. Ein großes, unheimliches Stück.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2014)

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