Wer lebt, der verbrennt
In kaum vier Monaten schon der zweite Song des schlechtest gekleideten Disco-Ensembles in dieser Kolumne! Ist das ein Bekenntnis zum Dancefloor-Nerdismus? Nicht wirklich. Aber eines zum gewitzten Statement. Diesfalls zum alten Problem: Wie alt darf man sein, um Teenage-Texte zu singen? Tocotronic zeigen mit „Die Erwachsenen“ derzeit, wie man an diesem Thema scheitern kann; Hot Chip gehen's anders an: „My age says I'm an adult, but somedays my heart will not be told“, singen sie bedächtig, von Autotune kontrolliert, „hearing teenage symphonies dancing through my head.“ Da schwingt die Erinnerung an Brian Wilson mit, der sein Album „Smile“ eine „teenage symphony to god“ nannte (und auch daran scheiterte). Und, im Refrain, die Neil-Young-Zeile „It's better to burn out than to fade away.“ Hot Chip antworten mit einem Bekenntnis zum langsamen Verbrennen. Zum Leben also. Gut und schön.
Hochbegabten-Disco-Pop: Hot Chip, 2000 in London gegründet, sind Meister des eleganten Zitats. Ihr aktuelles, sechstes Album heißt „Why Make Sense?“
Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2015)