Song der Woche: Andreas Spechtl „Hauntology“

Andreas Spechtl
Andreas Spechtl(c) Andreas Spechtl
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Hier spukt ein müder Geist

Nein, es ist nicht (mehr) cool, einen Begriff des Différence-différance-Wortjonglierers Derrida zu verwenden, aber dem Dichter und Denker der großen Band Ja, Panik kann man das verzeihen. Auch weil Derridas unscharfe Idee einer „Hauntology“ von Musikern okkupiert worden ist, die Geister (der Vergangenheit) in ihrem elektronischen Instrumentarium suchen. Spechtl beschwört einen anderen Geist: den Geist eines kühlen, schroffen, neuen Jazz, wie ihn Ornette Coleman gespielt hat. Der dann, verzagter schon, auch in den Berliner Exkursionen David Bowies wehte, im Stück „Neuköln“ (sic!) etwa. So hört man hier den Nachhall eines Nachhalls. Oder ist das nur eine triviale Assoziation, weil Spechtl nun in Neukölln wohnt? Erlaubt ist sie bei einem Album, das den Schlaf und die Logik des Traumes preist. „Each man's troubles are just an echo“, singt Spechtl. Was für eine abgeklärte, pessimistische Sicht auf die (Pop-)Kultur.

Andreas Spechtl, geboren 1984 in Neusiedl am See, ist Sänger, Gitarrist und Texter der Band Ja, Panik. Nun ist sein programmatisch schläfriges Soloalbum „Sleep“ erschienen.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2015)

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