Hier schneit es Weltschmerz

Isolation Berlin
Isolation Berlin (c) Noel Richter
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Isolation Berlin ist eine junge Band, die in Texten und Videos gern durch ihre Heimatstadt streift. „Aquarium“ hieß ein Song; im Februar kommt das Album „Und aus den Wolken tropft die Zeit“.

Isolation Berlin: „In manchen Nächten“. Es gibt Texte, die reizen zum Fremdschämen wie Pollen zum Niesen. Dieser hier zum Beispiel: „In manchen Nächten frag ich mich: Bin ich Poet oder nur besoffen? Mag ich dich, oder lieb ich dich wirklich? Und brennt bei dir so wie bei mir die ganze Nacht das Licht?“ So grönemeyerisch hat schon lang keine Berliner Band mehr geklungen. Da fällt der Weltschmerz kalt vom Himmel, wie's auch in diesem Lied heißt, das seltsamerweise dann doch erträglich, ja sogar aufregend klingt. Wohl, weil, einem alten Rezept des Emo-Core (von Emotion und Hardcore) folgend, die Band zu den haltlosen Seelenentblätterungen des Sängers ganz trocken und nüchtern spielt. Auch, wenn dieser in den Refrains die jeweils letzten Worte zu Schreien dehnt, die einen unwillkürlich berühren, einfach, weil sie klarmachen: Hier ringt ein junger Mann, den es innerlich schier zerreißt, um Ausdruck. Hier hat die Ironie gefälligst zu pausieren.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2015)

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