Wirklich hier ist nur das Klavier

Roger Sellers ist aus Austin, Texas, er nennt sich Bayonne, wohl nach der französischen Stadt. Sein bereits 2014 erschienenes Debütalbum „Primitives“ kommt nun bei City Slang heraus.

Bayonne: "Appeals". Mit Minimalismus – dem Stil, nicht dem Prinzip – in der Popmusik ist es so eine Sache: Er funktioniert erstens nur, wenn der Ausführende naiv genug ist (oder sich gut genug naiv stellt). Das passt hier: Dieser Texaner hat das sprudelnde Klaviermotiv, das die Basis dieses Tracks bildet, mit 17 selbst geschrieben, sagt er, und viel später einen Song darauf gebaut. Das ist auch schon die zweite Bedingung: dass man mehr daraus macht als eine Hausübung im Sounds-like-Steve-Reich-Kurs. Diesfalls den Song eines Sitzengelassenen, der die Trauer verweigert: „Nothing is real if nothing appeals“, singt er sanft, in einer eintönigen Melodie, akzentuiert von Perkussion, und nimmt plötzlich die Perspektive derer an, die ihn verlassen hat: „You couldn't imagine until it was done.“ „Into the night“, kommentiert eine tiefere Stimme, am Ende bleibt nur das stets in sich selbst mündende, ziellose Klaviermotiv. Trostlos und vielleicht genau deshalb tröstlich. Thomas Kramar

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

(Print-Ausgabe, 28.08.2016)

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