Song der Woche

John Maus: Klagelied der Saatkörner

John Maus
John Maus(c) Beigestellt
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Das vierte Album von John Maus bringt kalt-feierliche Musik, etwas schleppenden Synthesizerpop im immerwährenden Achtzigerjahregewand.

John Maus: „The Combine“. Meist versuchen wir an dieser Stelle puristisch, das Video nicht für die Interpretation heranzuziehen. Diesmal tun wir's doch. Denn es beantwortet die Frage, wie das Wort „combine“ zu verstehen ist, eindeutig: als Mähdrescher, nicht etwa als Konzern oder Verbund. So ist der knappe Text – „I see the combine coming, it's gonna dust us all to nothing“ – sozusagen als Klagelied des Getreides zu verstehen, dass es nun gedroschen, zermahlen werden soll. Und womöglich in Spreu und Weizen getrennt. Das kann man natürlich auch biblisch (mit Matthäus 3, 12: „Die Spreu wird er verbrennen mit unauslöschlichem Feuer“) als Metapher für das Jüngste Gericht sehen. Apokalyptisch jedenfalls. Entsprechend klingt die Musik: kalt-feierlicher, etwas schleppender Synthesizerpop im immerwährenden Achtzigerjahregewand, stellenweise mit Glocken akzentuiert und mit düsteren Chören garniert. Bitteres Brot.

John Maus, geboren 1980, studierter Philosoph, publiziert sechs Jahre nach „We Must Become the Pitiless Censors of Ourselves“ sein viertes Album, „Screen Memories“.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Philipp L'Heritier (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2017)

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