Salzburg: Mahlers Neunte, souverän

Salzburg Mahlers Neunte souveraen
Salzburg Mahlers Neunte souveraen(c) EPA (Jan Woitas)
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Riccardo Chailly und sein Gewandhausorchester beschlossen die Mahler-Symphonien-Serie.

So erwartungsvoll die Salzburger Festspiele stets beginnen, so heftige Diskurse zwischendurch gefochten werden, so entspannt zeigen sie sich am Ende. Denn ab Mitte August stehen traditionell die großen Orchestergastspiele auf dem Programm. Ein Anlass auch für die Wiener Philharmoniker, nochmals alle Reserven zu mobilisieren, um zu zeigen, dass ihr besonderer Ruf zu Recht besteht. Das bewiesen heuer ihre beiden Wagner-Auftritte unter Lorin Maazel.

Als Pereira diesen Festspielsommer programmierte, hatte er gewiss keinen baldigen Wechsel an die Spitze des Teatro alla Scala im Sinn, wohin er nächsten Herbst geht. Aber bloß Zufall will man es nicht nennen, dass er für den heurigen Festspielabschluss auf zwei Dirigenten setzte, die der Mailänder Oper besonders verbunden sind: Riccardo Muti, den langjährigen Musikdirektor der Scala, der sich mit den erstmals in Salzburg gastierenden Ensembles der römischen Oper erfolgreich präsentierte, und Riccardo Chailly, der bei der Mailänder Expo 2015 mit einer neuen „Turandot“ ein Scala-Comeback feiern wird.Nach Salzburg hatte ihn Pereira nicht mit Puccini, sondern mit seinem Gewandhausorchester für den Abschluss des Mahler-Symphonien-Zyklus geladen. Kein geringerer als Karajan hatte Chailly einst bei den Festspielen erstmals mit dem Leipziger Klangkörper bekannt gemacht. Mittlerweile ist er seit neun Jahren dessen Musikdirektor und hat seinen Vertrag als Gewandhauskapellmeister bis 2020 verlängert. Das, so sagte er am Rand einer Pressekonferenz, schließe weitere Chefpositionen aus, auch des Scala-Musikchefs. Das ist auch deshalb verständlich, weil er das Leipziger Orchester in den letzten Jahren an die europäische Spitze geführt hat. Das zeigt sich in jährlichen Orchesterresidenzen in Paris, London und Wien wie in vielen Plattenaufnahmen. Dazu produziert er die Mahler-Symphonien mit seinen Leipzigern für DVD; dieses Œuvre hat er bereits mit seinen früheren Orchestern, dem RSO Berlin und dem Concertgebouw Orkest, auf CD dokumentiert.

Mediterraner Zugang. Die Unterschiede zwischen diesen Mahler-Deutungen sind, wie diese akklamierte Neunte im Großen Festspielhaus erwies, beträchtlich. Geblieben ist sein quasi mediterraner Zugang, was sich vor allem in einer meist subtilen Nachzeichnung von Mahlers Melos zeigt. Aber die Übergänge sind ungleich selbstverständlicher, was durch die Wahl fließender Tempi noch unterstützt wird. Zudem hebt er die melodischen und rhythmischen Konturen deutlicher hervor, lässt im zweiten, von beißender Ironie charakterisierten, vor allem durch Ländler und Walzer inspirierten zweiten Satz seine Musiker auch betont derb aufspielen und führt sie mit ebensolcher Souveränität durch den von der Ahnung von den letzten Dingen bestimmten Finalsatz, der mit berückenden Pianissimi ausklang. Auch das ein Beweis für die von den „Leipzigern“ erreichte hohe Spielkultur. Nur die (ebenfalls bis in die Details ausgefeilt musizierte) Burleske hätte man sich grimmiger, martialischer vorstellen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2013)

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