Sven Dolinski: Der Gute Gesell mit dem Pokerface

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Sven Dolinski legte eine Blitzkarriere hin. Der Burgschauspieler spielt erstmals im „Jedermann“: als der Gute Gesell, den er gar nicht für so gut hält.

Der Terminplan ist etwas riskant. Sven Dolinski steht heuer erstmals im „Jedermann“ als Guter Gesell auf der Bühne vor dem Salzburger Dom. Am 22. August ist die vorletzte Vorstellung, am 29. August die letzte. Und dazwischen liegt der Geburtstermin seines zweiten Sohnes. Sollte sich das Kind den Termin etwas anders überlegen, hat der Gute Gesell ein Problem.

Trotzdem überlegte der 33-jährige Burgschauspieler keine Sekunde, als ihn Festspielintendant Sven Eric Bechtolf fragte, ob er die Rolle im „Jedermann“ übernehmen wolle. „Es ist ein Traum für jeden Schauspieler, auf der ,Jedermann‘-Bühne zu stehen“, sagt Dolinski im Gespräch mit der „Presse“. Er habe, ohne lang zu überlegen, zugesagt. Dolinski ist einer von drei Schauspielern, die ab der Premiere am Sonntag, 19. Juli, neu im Team des „Jedermann“ sind. Christoph Franken spielt statt Simon Schwarz den Teufel, Johanna Bantzer statt Sarah Victoria Frick die Rolle der Guten Werke, und Dolinski übernimmt die Rolle des Guten Gesell von Patrick Güldenberg.

Späte Liebe zum Theater

Ein Engagement im „Jedermann“ mache sich auch im schauspielerischen Lebenslauf gut, gibt Dolinski unumwunden zu. Doch die bisherige Karriere sieht ohnehin beeindruckend aus. Nach der Matura wollte der gebürtige Berliner, der seit 2007 in Wien lebt, eigentlich Physik studieren. Doch seine damalige Freundin, die ein BWL-Studium plante, riet ihm zu einem kreativeren Beruf. Er bewarb sich ohne Vorkenntnisse und ohne besondere Theateraffinität an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch und wurde prompt genommen. „Ich habe erst vor dem Vorsprechen überhaupt damit begonnen, selbst ins Theater zu gehen“, erinnert sich Dolinski.

Bei „Emilia Galotti“ in der Inszenierung von Michael Thalheimer war die Liebe zum Theater dann endgültig entfacht. Die Aufnahmeprüfung bestand er mit Bravour. Nach der Ausbildung engagierte ihn das Burgtheater, seit 2007 gehört er zum Ensemble. Als Romeo war er bisher ebenso zu sehen wie in „Bei Einbruch der Dunkelheit“ von Peter Turrini. Bei den Salzburger Festspielen debütierte er in Carl Maria von Webers „Freischütz“, im Vorjahr war er in „Die letzten Tage der Menschheit“ in gleich zwölf Rollen zu sehen. Nun gehört er zu den drei Neubesetzungen in der erfolgreichen „Jedermann“-Produktion von Julian Crouch und Brian Mertens. Im Vorjahr hat er sich das Stück angesehen – und war von der zeitgemäßen Interpretation angetan. Im Guten Gesell will er nicht so sehr das Gute hervorstreichen. „Er ist ja eigentlich nicht so gut, heute wäre er wahrscheinlich Banker oder Vermögensberater“, scherzt Dolinski. Die Lederhose für die Rolle passt, den Text hat er nach einer kurzen Phase der vorsichtigen Annäherung schnell gelernt. Und auch das Pokerface hat er geprobt.

Salzburg genießt der Schauspieler sehr. Im Vorjahr war er in der Freizeit viel im Volksgartenbad oder an der Salzach laufen. Auch das Frühstück im Café Bazar gehört zu seinen sommerlichen Vergnügen. Von der gemieteten Wohnung am Domplatz hat er einen Blick auf seinen Arbeitsplatz. „Als ich die Wohnung im Vorjahr gemietet habe, habe ich nicht gewusst, dass ich heuer dort auf der Bühne stehen werde.“ Während der Probenzeit, die am 6. Juli begonnen hat, war er mit seiner schwangeren Frau und dem bald einjährigen Sohn in Salzburg. Während der Aufführungszeit will Dolinski zwischen Wien und Salzburg pendeln. Und falls das Baby überraschend doch an einem Vorstellungsabend zur Welt kommt, kann Sven Eric Bechtolf zur Not als Guter Gesell einspringen. Er hat die Rolle 2007 gespielt.

Auf einen Blick

Der „Jedermann“ in der Inszenierung von Julian Crouch und Brian Mertens hat am Sonntag, 19. Juli, Premiere. Das Stück ist Teil des Festspiel-Pre-Opening „Ouverture spirituelle“, das vor der eigentlichen Eröffnung des Festivals am 26. Juli stattfindet. Sven Dolinski ist einer von drei neuen Schauspielern, die heuer im „Jedermann“-Team rund um Cornelius Obonya und Buhlschaft Brigitte Hobmeier sind. Die Salzburger Festspiele dauern bis 31. August.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.07.2015)

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