Die russische Song-Contest-Teilnehmerin Julia Samoilowa darf nicht zum Wettbewerb in die Ukraine einreisen. Russland hofft auf eine Aufhebung des Verbots.
Der Kreml hofft auf eine Aufhebung des Einreiseverbots für die russische ESC-Teilnehmerin Julia Samoilowa. "Das Einreiseverbot wertet den kommenden Wettbewerb ab - es ist ein Schlag für das Image des Eurovision Song Contests", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge.
Die European Broadcasting Union (EBU), die den Song Contest veranstaltet, bereitet sich indessen auf den Fall vor, dass das Verbot bestehen bleibt: Julia Samoilowa soll ermöglicht werden, ihr Lied während des zweiten Halbfinales notfalls im russischen Fernsehen vorzutragen, was dann via Satellit in den Bewerb übertragen werden soll.
"Um den unpolitischen Charakter des Eurovision Song Contest zu bewahren, hat die EBU fieberhaft nach einer Lösung gesucht", teilte der Senderverbund am Donnerstag mit. Man werden nun Channel One Russia die genannte Lösung anbieten. "Sollte sich Russland für das Finale qualifizieren, würden wir zur gleichen Variante greifen."
Auch EBU hofft auf eine Aufhebung des Verbots
"Das ist etwas, das bis dato in der 60-jährigen ESC-Geschichte noch nie gemacht wurde, aber im Geiste der Eurovision-Werte von Inklusion und dem heurigen Motto 'Celebrate Diversity', wurde diese Entscheidung getroffen, um allen 43 Ländern die Chance zur Teilnahme zu ermöglichen", heißt es in der Begründung.
Man befinde sich aber weiterhin in Gesprächen mit den ukrainischen Behörden, um Russlands Kandidatin auch die physische Teilnahme am Bewerb zu ermöglichen, was selbstredend die bevorzugte Variante sei, unterstrich ESC-Supervisor Jon Ola Sand.
Auftritt auf der Krim als Grenzverletzung gewertet
Der ukrainische Geheimdienst SBU hatte der russischen Sängerin wegen eines Auftritts auf der Schwarzmeer-Halbinsel Krim die Einreise verboten. Reisen in die von Russland annektierte Region ohne Zustimmung der Kiewer Behörden sind aus ukrainischer Sicht eine Grenzverletzung. Sie werden mit einer mehrjährigen Einreisesperre geahndet.
Das russische Staatsfernsehen erwägt, den ESC aus Protest in diesem Jahr nicht im Fernsehen zu übertragen. Der Sender Pervy Kanal will die im Rollstuhl sitzende Julia Samoilowa im kommenden Jahr wieder für eine ESC-Teilnahme nominieren.
Zur Person
Julia Samoilowa hat einen schweren Weg hinter sich: Als Kleinkind wird bei ihr eine schwere Muskelerkrankung diagnostiziert, bereits im Alter von drei Jahren sitzt sie im Rollstuhl. "Doch nur die Musik hat mir geholfen", sagt Samoilowa in einem Interview. Bekannt wurde sie durch ihre Teilnahme an der TV-Show "Faktor A" und als Sängerin bei der Eröffnung der Paralympics in Sotschi 2014.
Die Empörung der Russen über den Sieg der ukrainischen Sängerin Jamala mit einem ihrer Ansicht nach hochpolitischen Lied sitzt noch tief. Die Krimtatarin sang über die Vertreibung ihres Volkes unter Diktator Josef Stalin - und verwies damit in letzter Minute den favorisierten russischen Popstar Sergej Lazarew auf den dritten Platz. Beobachter behaupten nun: Russland habe im Wissen um die Krimreise von Samoilowa einen Eklat provoziert.
Auch die Veranstalter beim European Broadcasting Union (EBU) sind ratlos, wie das Dilemma um die russische Teilnehmerin gelöst werden könnte. "Wir sind schwer enttäuscht über diese Entscheidung", heißt es in einer ersten Mitteilung. Man respektiere aber die Gesetze der Ukraine - auch wenn es gegen den "Geist des Wettbewerbes geht". Die EBU hoffe, eine Lösung für Samoilowa zu finden. Ob per Liveschaltung oder über eine andere Option lassen die Veranstalter jedoch offen.
Die Halbfinal-Wettbewerbe des ESC 2017 finden am 9. und 11. Mai in der ukrainischen Hauptstadt Kiew statt, das Finale am 13. Mai. Österreichs Kandidat Nathan Trent muss sich dafür im zweiten Halbfinale am 11. Mai qualifizieren.
(APA/dpa)