Drei Bälle: Festlich wie der Wiener Opernball, aber entspannter und lustiger: In Graz fand am Samstagabend die Opernredoute statt.
Ob Legende oder Realität: Über Jahre galten die Steiermark und Niederösterreich als (politische) Rivalen. Und lange herrschte auch zwischen der ÖVP-Bundespartei und den steirischen Schwarzen Misstrauen. Vorsichtig formuliert. Davon war Samstagabend nichts mehr zu spüren: Vizekanzler Michael Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, beide bekennende Niederösterreicher, waren beklatschte Gäste auf der 15. Opernredoute in Graz. Die Quasi-Hausherren, Landeshauptmann Franz Voves, deutlich erschlankt, und sein Stellvertreter, ÖVP-Landeschef Hermann Schützenhöfer, bekamen natürlich auch Akklamationen, ein wirklich gut gelaunter Alfons Haider nannte in seiner Moderation den Grund: Die beiden wagen Reformen ohne übliche Ängste.
Und noch eine viel beachtete Symbolik: Opernball-Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh besuchte mit ihrem Mann, Erste-Bank-Chef Andreas Treichl, ebenso wie Johanna Mikl-Leitner auf Einladung des Styria-Vorstands Klaus Schweighofer die Opernredoute und sie verfolgten aufmerksam die betont jung angelegte Eröffnung. In und vor den Logen der drei Styria-Vorstände Wolfgang Bretschko, Malte von Trotha und Schweighofer erlebten die Gäste aus Berlin, Graz, Klagenfurt und Wien den Charme der Opernredoute: festlich wie der Opernball, aber eben die Spur entspannter und lustiger.
Während in Graz die Nacht der Redoute mit dem Auftritt des gesamten Grazer Philharmonischen Orchesters und der Polonaise aus Tschaikowskis „Eugen Onegin“ sowie dem Walzer „Die Schlittschuhläufer“ begann, bevor die 128 jungen Damen und Herren des Eröffnungskomitees zur Fächerpolonaise von Carl Michael Ziehrer einschwebten, wurde in Wien der 63. Ärzteball von gut behüteten jungen Damen und Herren eröffnet: Sie schwangen Zylinder und Beine zur Musik von „A Chorus Line“.
Mit knapp 4000 Gästen war der Ärzteball ausverkauft. Die Hofburg hatte ihre Tore – sorry: all ihre Säle – geöffnet: Wer Lust hatte, konnte die ganze Nacht – bis zum Ballende um fünf Uhr früh – vom Heldenplatz bis hinunter in den Kleinen Redoutensaal oder bis zur Botschafterstiege tanzen, wo die Ballgäste Schlange standen – es gab Gratiseis.
Nach dem Krieg von den Spitalsärzten gegründet, dann von der Wiener Ärztekammer „übernommen“, ist der Ball der Faschingshöhepunkt im Gesundheitswesen. Angenehmerweise wurde jegliche Politik in den Ansprachen ausgespart. Ferngeblieben ist sie aber nicht: Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres begrüßte Minister Alois Stöger – Ärzte unter sich. Staatssekretär Andreas Schieder unterhielt sich mit Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely, und gegen Mitternacht stieß noch Sozialminister Rudolf Hundstorfer hinzu.
Der kam direkt von einem anderen Ball: dem Techniker-Cercle im Musikverein, den Hundstorfer wie seine Regierungskollegen, Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz, und EU-Kommissar Johannes Hahn besuchten. Gesehen wurden auch Metropol-Chef Peter Hofbauer, Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel, Math-Space-Betreiber und „Presse“-Kolumnist Rudolf Taschner sowie Uni-Rektoren aus ganz Österreich. Und, was besonders auffiel: Der Andrang der Jungen war groß – erst bei der Zwei-Uhr-Quadrille hatte man etwas mehr Bewegungsfreiheit.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2013)