Fahrbericht: Kann BMW noch richtige BMW?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der bayrische Hersteller sorgt derzeit mit Elektroautos für Aufsehen. Fühlt sich das konventionelle Repertoire deswegen gestrig an? Eine Klärung an der Kunstform Coupé.

Kaum ist ein Kombi oder SUV einen Hauch sportlicher zugeschnitten (und damit meist bloß unpraktischer), wird mit dem Attribut „coupéhaft“ aufgefahren. Auch die Unwahrscheinlichkeit eines viertürigen Coupés (Mercedes CLS, Passat CC, BMW Gran Coupé) zieht klammheimlich in den Sprachgebrauch. Von der dynamischen Eleganz dieser Kunstform wollen sich eben alle etwas borgen.

Weglassen als Mehrwert

Dabei gibt es ein Mindestmaß an Regeln. Ein Coupé hat zwei Türen, denn es wurde der Limousine, von der es hergeleitet ist, etwas „weggeschnitten“, wie dem Hund etwas fehlt, wenn er (ungefragt) coupiert wurde. Das Weglassen ist als Adelung zu sehen, woraus folgt: Ein Coupé muss immer etwas Besonderes sein. Was das ist und ob es getroffen wurde, darüber lohnt es sich dann zu diskutieren. Das 3er-Coupé von BMW etwa will schon länger etwas Besseres sein als nur eine Spielart seiner Baureihe. Der Wunsch nach Unterscheidung führte zur neuen 4er-Reihe, die wiederum wachsen wird um M4, Cabrio und Gran Coupé.

Als 435i trifft der BMW die Anforderungen der Gattung ziemlich exzellent. Das Coupé ist länger, breiter und flacher als die Limousine, das sieht elegant gestreckt und gleichzeitig rasant aus. Die Türen wurden weniger, dafür länger, das lässt sich im erweiterten Radstand spielerisch unterbringen. Ein elektrischer Gurtbringer wirkt übermäßigen Verrenkungen beim Anschnallen entgegen.

Flankierte Augenfreude

Knappe Überhänge, fließende Linien, die Fensterlinie mit Hofmeister-Knicks als optischer Spannungsbogen: Der 4er ist in der Seitenansicht die pure Augenfreude.
Auch unter der Motorhaube erwartet man im Coupé etwas mehr Prickeln als bei der Massenware. Sechs Zylinder sollten es schon sein, umso mehr, als uns die neue Vierzylinder-Generation von BMW nicht beeindruckt, ihr fehlt es an Charisma. Davon hat der schöne Reihensechser mit drei Liter Hubraum reichlich, auch an Leistung und Durchzug mangelt es dank Turbo nicht. Pferdefuß: Mit 306 PS gibt sich der feine Benziner schon ziemlich elitär, viele werden sich da mit dem 258-PS-Diesel begnügen. Ein erträgliches Schicksal.

Egal, wie man ihn betreibt, der Motor zeigt keinerlei Anzeichen von Mühe, im Gegenteil: Seidigkeit und Drehfreude sind seine Merkmale. Die Küche ist ja auch bei Weitem nicht ausgelastet: Aus genau dem gleichen Motor holt der neue M4 mit Hilfe eines zweiten Turbos 431 PS.
Zur großen Gelassenheit passt nichts besser als Allradantrieb. Im Vergleich zum Vorgänger ist x-Drive noch sportlicher ausgelegt, was wir auf der ersten Schneefahrbahn des (alten) Jahres ausgiebig erkundet haben. Wer es möchte, hat schnell das Auto quer und hält es mit viel Gaseinsatz im Drift.

BMW hat mit dem i3 ein grandioses Elektroauto geschaffen. Aber wenn der Schnee staubt und es ausgelassen röhrt im 4er, dann ist gewiss, dass die alte Schule bei BMW noch ziemlich frisch ist.

Zahlen & Fakten

BMW 435i x-Drive Coupé
Maße: L/B/H 4638/1825/1377 mm, Radstand 2810 mm, Leergewicht (DIN) 1590 kg, Kofferraumvolumen 445 Liter
Motor:Reihensechszylinder-Otto, Turbo, 2979 ccm, 225 kW (306 PS) bei 5800/min, 400 Nm bei 1200–5000/min, 0–100 km/h in 4,9 sec, Testverbrauch 9,2 l/100 km, Allradantrieb. Achtgang-Automatik

Preis ab 59.600 Euro (exkl. Ö-Paket)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2014)

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