Auf der Straße, auf der Bühne

Onk Lou alias Lukas Weiser im Gastgarten des Analog-Dorados Supersense.
Onk Lou alias Lukas Weiser im Gastgarten des Analog-Dorados Supersense.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Onk Lou ist jahrelang als Straßenmusiker durch Europa gezottelt – und macht auf seinem ersten Album für einen Death-Metal-Fan sehr sonnige Musik.

Wer als Straßenmusiker in eine neue Stadt kommt, muss ein bisschen aufpassen – denn erstens muss man das lukrative Territorium erst finden, und zweitens ist es üblicherweise längst aufgeteilt. Es empfiehlt sich, keinem Platzhirschen in die Quere zu kommen. In diesem Fall, sagt Onk Lou, gehe er einfach im nächsten Lokal an die Bar und frage, ob er vier Lieder spielen und danach mit dem Hut durchgehen dürfe.

Aktuell hat der Hut freilich Pause. Onk Lou hat gerade sein Debütalbum herausgebracht und spielt ganz offiziell und auf heimischen Bühnen. An diesem Vormittag sitzt Lou, der eigentlich Lukas Weiser heißt, nach einer Probe im Supersense, das er etwa wegen des ausrangierten Aufzugs liebt, in dem man seine Stimme auf Vinyl aufnehmen kann, und sinniert darüber, wie sich sein Leben in letzter Zeit verändert hat. Aufgewachsen in Ollersdorf, sei er etwa, obwohl er seit Jahren in Wien lebt, in der Wahrnehmung jetzt plötzlich der „Junge vom Land“.

Um gleich am Land zu bleiben: Behütete Kindheit in einem „Kuhkaff ohne Kühe“ im Weinviertel an der slowakischen Grenze, in das die Eltern mit einem ganzen Schock Freunden ziehen wollten, von denen die meisten kurz vorher wieder absprangen. Dort Räuber- und Gendarm-Spiele und Jagd auf imaginäre Tiere, bald auch ein Proberaum im Keller, sieben, acht, neun Stunden Gitarreüben am Stück, wenn einen wieder einmal niemand in die Metropole Gänserndorf gebracht hatte. Mit dem Ende der Schulzeit fielen auch seine Death-Metal-Bands auseinander, Weiser fand sich als „Metaller mit Affinität zur klassischen Gitarre wieder“, außerdem mit 60 gar nicht harten Songs. Seither ist er Singer-Songwriter.

Geschichtenonkel mit Ninja-Namen

Sein Künstlername Onk Lou geht dabei noch auf seine Schulzeit zurück. Er sei immer schon ein Geschichtenerzähler gewesen, sagt Weiser, Mitschüler pflegten ihn mit der Anrede „Onk Lou!“ (für Onkel Lukas) um neue Märchen anzubetteln. „Als ich dann einen Namen brauchte, habe ich mir gedacht, das ist so dämlich, das muss ich machen.“ Er selbst findet ja, dass Onk Lou nach Ninja-Kämpfer klingt. Diesbezügliche Genugtuung fand er kürzlich in einer Brüsseler Blues-Bar: Der Kellner hatte wirklich einen Asiaten erwartet.

Als solcher würde Weiser mit seinem selbstbewusst getragenen Gartenzwergbart freilich nicht durchgehen. Die Gesichtsbehaarung hat er schon länger als alle Hipster, „seit ich 14 bin. Wenn ich heute Fotos sehe, denke ich, ich hätte mich selbst ausgelacht“.

Abgesehen davon passt die Gartenzwerganalogie natürlich gar nicht: Weiser wollte die Welt sehen. Wobei, das war „schon ein harter Prozess: Sich bewusst zu werden, ich muss nicht in Gänserndorf oder Wien bleiben, ich kann auch in Graz oder Budapest spielen.“ So verbrachte er wechselweise je ein paar Wochen daheim am Laptop, um Auftrittsmöglichkeiten zu organisieren, und die nächsten Wochen unterwegs. Gab es keine Gigs, surfte er von Couch zu Couch und spielte auf der Straße. An guten Tagen kamen so 100, 150 Euro herein. „Und selbst wenn man nichts verdient, ist es eine andere Art, wo zu sein: Nämlich nicht als Tourist. Man hat etwas zu tun, auch wenn man es nur für sich macht – und im Zweifelsfall haben auch noch fünf Leute im Dresdner Ecklokal etwas davon.“

So spielte er bei der Studenten-WG-Party in Valencia, tuckerte mit einer Band, für die er als Sänger einsprang, durch Russland, oder im ausgemergelten österreichischen Postbus durch Rumänien. Zuletzt war er mit seiner Freundin und einem Freund im Frühling auf Gibraltar. Jeder Tag, den er mit Straßenmusik unterwegs verbringe, sei „erfüllender und billiger“ als einer daheim. Sein im Radio gespieltes „In The Morning“ verkörpert diesen Vibe: „Einfach abzuhauen und ins Abenteuer zu ziehen.“ Nur leider, sagt Weiser, sei er Ö1-Hörer. Die Chance, sich dort selbst zu hören, sei eher gering.

ZUR PERSON

Onk Lou heißt eigentlich Lukas Weiser und wuchs in Ollersdorf im Weinviertel auf. Er spielte zunächst in Death-Metal-Bands, heute ist er Singer-Songwriter. Gerade erschien sein englisch gesungenes Debütalbum „Bogus“, das im B72 präsentiert wurde. Die Videos zu Liedern wie dem chilligen „In The Morning“ hat er auf Kuba gedreht. Nächster Termin: Heute, 13. 5., Neusiedl, Bergwerk.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.05.2017)

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