Gourmetguide: Aufsteiger am heimischen Herd

Gourmetguide Aufsteiger heimischen Herd
Gourmetguide Aufsteiger heimischen Herd(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
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Am 8. Oktober wurde der Gourmetguide von A la Carte präsentiert: Wirkliche Trends lassen sich aus den neuen Bewertungen (noch) nicht herauslesen. An der Spitze - Steirereck - nichts Neues, im Gegensatz zu Kärnten etwa.

Es geht uns gut. So oder so ähnlich lässt sich die aktuelle Situation der heimischen Gastronomie zusammenfassen. Und gut heißt hier vor allem: gute, unkomplizierte, bodenständige Küche, die ihren Preis wert ist. Denn diese Kategorie, die sich unter dem Schlagwort Beisl zusammenfassen lässt – oder sagen wir: gute Beislküche, um die Spelunken auszuklammern, die sich gerne mit diesem Namen schmücken –, funktioniert nach wie vor. Das wird allein daran deutlich, dass es hier schwierig ist, einen Platz zu bekommen.

Und manchmal, da geht es uns sogar sehr gut. Dann nämlich, wenn es ein bisschen mehr sein darf. In der Spitzengastronomie steht Österreich insofern gut da, als sich das Angebot bei Weitem nicht mehr nur auf die Städte – oder besser gesagt die Bundeshauptstadt – reduziert. Das macht auch ein Vorabblick in den Gourmetführer 2013 von A la Carte, der morgen, Montag, präsentiert wird, deutlich. Da gibt es alles, was so ein Gastroguide braucht: Konstanten, Neueinsteiger, Aufsteiger und eben auch Absteiger.

Aber zuerst zum Guten. Das findet sich in der aktuellen Wertung nämlich an einem Ort, an dem man es im ersten Moment vielleicht nicht vermuten würde: in Kärnten. Dort hat nämlich André Stahl, Küchenchef im Caramé in Velden, die Höchstwertung von fünf Sternen (mit 96 von insgesamt 100Punkten) erkocht. „Das ist für mich die größte Überraschung. Kärnten war immer eine Krise, weil nur auf die Saison hin gekocht wurde. Aber jetzt hat sich das geändert. Es gibt Toplokale, ganzjährig“, sagt A-la-Carte-Chefredakteur Christian Grünwald, der gemeinsam mit Unternehmer und Neo-Winzer Hans Schmid den Gourmetführer herausgibt.

Der zweite neue Fünfsterner wurde in Salzburg geholt – einem gastronomisch eigentlich recht verwöhnten Bundesland. Andreas Döllerer, der gemeinsam mit seiner Familienbande das beschauliche Golling mit Wirtshaus, Restaurant, Metzgerei und Vinothek versorgt, hat das Restaurant umgebaut, um dort noch besser zu kochen. Das wiederum wurde von den 50anonymen Testessern mit einem Upgrading von vier auf fünf Sterne (und von 94 auf 97 Punkte) im Vergleich zum Vorjahr honoriert.

„Der Zinter, der kocht einfach.“ Beachtliches tut sich aber auch in der Bundeshauptstadt. Eine der positiven Überraschungen ist etwa Peter Zinter, der im Vincent in der Leopoldstadt werkt. Der hat nämlich seine Bewertung um gleich zehn Punkte (auf 91 Punkte und somit von drei auf vier Sterne) gehoben. „Das ist ein total ehrgeiziger Koch, der aus dem Lokal einiges herausholt. Er macht das einfach, ohne darauf zu warten, dass alle Parameter erfüllt sind. Oft hört man ja, dass man erst umbauen muss oder Ähnliches. Aber der Zinter, der kocht einfach“, so Grünwald.

Das macht auch Heinz Reitbauer, der – gemeinsam mit seiner Frau Birgit – mit dem Steirereck nach wie vor das Ranking mit 99 von 100 Punkten (und fünf Sternen) anführt. Grünwald meint dazu lediglich: „Die kochen nicht für sich oder den Teller, sondern für den Gast, das merkt man. Man geht mit sehr hohen Erwartungen hinein und die werden erfüllt.“

Zu den Wiener Aufsteigern zählen auch der viel gelobte Silvio Nickol im Palais Coburg (von 97 auf 98 Punkte, fünf Sterne) und Michael Feierabend, der im Bauer werkt (von 92 auf 94 Punkte, vier Sterne).


Coolness ohne Herzlichkeit. Zu den Absteigern hingegen zählt einer, der zumindest im Vorjahr noch recht vielversprechend war. Das Mraz & Sohn in Wien Brigittenau wurde von 94 auf 86 Punkte herabgestuft und verlor somit einen Stern (von vier auf drei). „Das tut mir persönlich leid, aber gerade bei einer so coolen Art von Küche darf man nicht die Herzlichkeit im Service vermissen. Aber rein von der Küche her und dem, was sie sich überlegen, ist es schon toll“, so Grünwald.

Einen Dämpfer von den Testern erhielt auch das Landhaus Bacher im niederösterreichischen Mautern (von 97 auf 96 Punkte) – was aber an den fünf Sternen nichts ändert.

Wirkliche Trends lassen sich aus den neuen Bewertungen (noch) nicht herauslesen. „Beachtlich ist, dass es mit dem Tian ein vegetarisches Lokal auf hohem Niveau gibt, vor allem, weil es immer geheißen hat, für so etwas sei Wien zu klein“, sagt Grünwald.

Ein Trend lässt sich hingegen doch ablesen – wenn auch nicht aus dem Gastroguide, so aus dem Nebenprodukt. Dem Guide wird heuer erstmals ein Delikatessenführer beigelegt. Hier gibt es zwar kein Ranking, aber den Wink, als kulinarisch interessierter Mensch auch selbst einmal beim Bauern vorbeizuschauen – immerhin erwarten wir das auch längst vom Wirt.

A-la-Carte-Gourmetführer 2013
Am Montag wird der Gourmetführer 2013 von A la Carte (D+R Verlag) präsentiert, ab Dienstag ist er im Handel. Bewertet wurden 845 Restaurants und 1629 Weine. Das Ranking beruht auf Restaurantbesuchen von 50 anonymen Testern, die von Jänner bis August 2012 durchgeführt wurden. Benotet wird mit Punkten (bis 100) und Sternen (eins bis fünf). Heuer liegt dem Gourmetführer erstmals ein Delikatessenführer bei. Die Mitbewerber setzen bei der Beurteilung hingegen auf Gabeln (Falstaff) oder Hauben (Gault Millau) statt Sterne.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.10.2012)

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