Kaffeecocktails: Koffeinkunst, geschüttelt

Die Zukunft des Espresso? Georg Branny kreiert Kaffeecocktails, schön wie Gemälde und raffiniert wie Designerstücke.

TIPPS

Kaffee ist so ziemlich das Beste, was man aus einer Frucht gewinnen kann. Außerdem lässt sich mit der Frage „Noch Lust auf einen Kaffee?“ der Abend mit einem Date elegant verlängern, allerdings sollte man darauf verzichten, mit einem Fachvortrag über Lage und Röstung zu langweilen. High-End-Kaffee ist zum Prestigeobjekt geworden, echte Bohnen-Nerds denken aber bereits weiter. So wie Georg Branny, Exmodel, Fitnesstrainer und Betreiber der Wiener Kaffeebar CaffèCouture. Der junge Barista wurde mit einigen Staatsmeistertiteln und WM-Spitzenplätzen in allen möglichen Kategorien ausgezeichnet, sogar als Espresso-Jesus bezeichnete ihn die Presse. Mit dem Gespür für Kaffee steuert er nun neue Geschmacksgipfel an, seine niveauvollen Kaffeecocktails sind auf Events wie dem Life Ball heiß begehrt.

Das Ziel ist klar: unerwartete, stimmige Aromenmelangen zu entdecken. Eine Menge Komponenten spielen dabei im Konzert mit, neben Kaffee auch Spirituosen, Flüssigzucker, Gewürze oder Früchte. Bevor alles ins Glas kommt, wird gemixt, gerührt, geshakt oder abgeseiht. „Die Kunst dabei ist, alle Zutaten in einen miteinander harmonierenden Aggregatzustand zu bringen.“ Klingt nach Science Busters, bedeutet aber vor allem viel probieren und wieder wegwerfen, um die richtigen Techniken zu finden. Wie ein Spitzenkoch muss auch der Kaffeecocktailmixer die Aromen jeder Ingredienz optimal extrahieren. Das kann relativ einfach funktionieren, indem man Produkte in den Mixer gibt, reibt, in Flüssigkeit kocht oder wie beim Selbstangesetzten in Alkohol legt. Auch Flambieren kann eine Methode sein, um den Alkoholgehalt einer Spirituose zu reduzieren und eine spezielle Süße zu erhalten. Wenn es zum Beispiel darum geht, das Extrakt einer Tonkabohne zu gewinnen, wird es haariger. Wie, darüber hüllt sich Georg Branny in Schweigen, „die Arbeit dafür ist einfach zu hart. Ich tüftle mit meiner Partnerin Veronika Markeová oft wochenlang“.

Bohnenpartner. Eine Ikone unter den Kombinationen ist Orange mit Kaffee. „Heikel, aber umso spannender, wenn die Abstimmung passt.“ Mit Grand Marnier wird der Cocktail zusätzlich erhöht – und natürlich mit dem richtigen Kaffee. Georg Branny nimmt einen Arabica aus Guatemala. „Jeder Cocktail braucht seine ganz spezielle Sorte.“ Nicht nur die Orange, praktisch jede Frucht ist ein guter Bohnenpartner, deshalb tauchen auch Waldbeere, Johannisbeere, Mango, Mandarine, Ananas oder Kokos in Georg Brannys Schöpfungen auf. Woher die guten Vibrationen zwischen Kaffee und Obst kommen? Ganz klar, weil Kaffeebohnen ebenfalls Früchte sind, bestimmte Sorten haben Aromen von Orangen oder Mandarinen.

Neuester Schrei. Die Gewürze sind die Königsmacher eines Cocktails. Keine alltäglichen aus dem Supermarkt, versteht sich, sondern wie bei allen anderen Zutaten nur allererste Qualität. Arabische Zitrone zum Beispiel, die ein ausgesuchter Spezialist auf dem Naschmarkt liefert. Oder Kräutertee. Ja, wirklich, das ist der neueste Schrei in der Szene. Natürlich schwimmen die Teeblätter nicht dekorativ ihre Runden im Kaffee, ihr Aroma wird vorher extrahiert, dann mit Flüssigzucker in den Cocktail gemixt.
Die Brühmethode ist ein weiterer Faktor. Nicht alles ist Espresso, „kurzer Kaffee ist für den ungeübten Gaumen viel schwieriger zu verstehen, Filterkaffee dagegen transparenter und zugänglicher“. Ein Grund, warum Filtern wie bei Oma, nur mit besseren Geräten, zum neuen Mantra wurde. Handfilter Hario 60, Vakuumkanne oder Aeropress sind die aktuellen Zaubergeräte für den Handwerker und den Cocktailmixer. „Der Vorteil ist, du bekommst auf diese Art mehr Flüssigkeit heraus, das passt hervorragend für Longdrinks.“

Die Sonne, um die sich jeder Cocktail dreht, ist natürlich die Kaffeebohne. Georg Branny ist ständig auf der Suche nach dem besten Stoff, dabei vertraut er nur ausgesuchten Händlern. Die Sehnsucht gilt vor allem Bohnen des Cup of Excellence, der begehrtesten Auszeichnung für Kaffees der Spitzenklasse. In einem strengen Wettbewerb werden die allerbesten Kaffees der Saison weltweit ausgewählt. Dementsprechend selten und „verdammt teuer“ sind diese Wunderbohnen, nur über eine Internetauktion kann man sie ersteigern. Ist der Kaffee dann in Wien gelandet, muss er noch in Kooperation mit einem Spitzenmann durch die Röstung veredelt werden. Ein Prozess, der liebevollen Umgang mit Röstdauer und -temperatur erfordert. „Du musst auf die Bohne hören, erst dann wirst du sie ver­stehen.“

Bohnen-Nerd Georg Branny betreibt die Kaffeebar CaffèCouture in der Garnisongasse 18, 1090 Wien.

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