Alois Lang: Süßkartoffel aus dem Burgenland

Suesskartoffel Burgenland
Suesskartoffel Burgenland(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Alois Lang fand keinen heimischen Landwirt, der sich der Süßkartoffel annehmen wollte. Also hat der Hobbygärtner die subtropische Pflanze selbst angebaut und verkauft sie als Burgenland Batata in Supermärkten.

Am Marketing muss Alois Lang noch ein bisschen arbeiten: „1492... Kolumbus entdeckt Amerika. 2012... Die Batata entdeckt Österreich. Welcome to Burgenland“ lautet einer der Sprüche, mit denen er den Österreichern die Süßkartoffel näher bringen will – und zwar nicht die Süßkartoffel aus den USA, Israel, Ägypten oder China, wo sie sonst meist herkommt. Sondern eine Süßkartoffel aus dem burgenländischen Seewinkel. Allein das ist eine Sensation. Immerhin ist die Ipomoea Batata, so die korrekte Bezeichnung, weit wärmere Regionen gewohnt – klar, als subtropische Pflanze, deren Ursprung im heutigen Mexiko liegt. Und das gleich vorweg: Auch wenn sie Süßkartoffel heißt, ist sie mit der klassischen Kartoffel nicht verwandt – „oder zumindest so sehr verwandt, wie der Homo sapiens mit einer Orang-Utan-Art“, erklärt Lang. Die Kartoffel ist eine Knolle, die Süßkartoffel eine Wurzel.


Software-Experte und Winzer. Lang widmet sich seit zehn Jahren der Süßkartoffel und hat es sich zum Ziel gesetzt, sie hierzulande heimisch zu machen. „Auch Paradeiser und Paprika waren früher, genauso wie die Kartoffel, exotische Pflanzen, heute sind sie hier heimisch und gehören einfach dazu.“ Spricht er über die Süßkartoffel, könnte man fast meinen, er ist Agrarexperte, Biologe oder Ernährungswissenschaftler. Dabei ist er in der Software-Branche tätig, entstammt einer Weinbauernfamilie – und ist Hobbygärtner. „Ich habe schon vor 30 Jahren Kiwis angebaut.“ Während seines Studiums in den USA ist ihm die Süßkartoffel aufgefallen.

Dort ist sie zu Thanksgiving und zu Weihnachten fixer Bestandteil des Speiseplans – allerdings nur dann. Immerhin wird dort seit den 1980er-Jahren intensiv an Züchtungsprogrammen geforscht, die einen möglichst virenresistenten Typ der Süßkartoffel hervorgebracht haben – auch einen, der weniger kälteempfindlich ist. Obwohl rund 80 Prozent des weltweiten Süßkartoffel-Anbaus in China beheimatet sind, sind die amerikanischen Züchtungen dank intensiven Marketings auch für den europäischen Raum relevant. Deshalb ist auch hierzulande, genauso wie in den USA, die orange Süßkartoffel bekannt. Es gibt aber – ähnlich wie bei der Kartoffel – an die 3000 verschiedene Typen, darunter auch weiße oder gelbe.

Im eigenen Garten hat Lang die (orange) Süßkartoffel schon länger angebaut. „Das funktioniert sehr gut,“ lautet sein Resümee. Allerdings muss man selbst im sonnigen Burgenland die Süßkartoffel im Mai einpflanzen und im Herbst wieder auspflanzen. „Eigentlich ist die Süßkartoffel aber keine einjährige Pflanze, sie wächst über Jahre hindurch. Bei null Grad friert sie aber ab.“

Lange hat er nach heimischen Landwirten gesucht, die mit ihm den Versuch wagen wollen, die aus den USA importierten, virengeprüften Jungpflanzen hierzulande einzusetzen und deren Ernte zu verkaufen. Aber vergeblich. „Landwirte sind extrem risikoscheu, der Handel auch, obwohl die Süßkartoffel dort mittlerweile ein Thema ist.“ Also hat Lang im Vorjahr beschlossen, die Süßkartoffel selbst auf vier Hektar anzubauen, inklusive Lieferschwierigkeiten der Jungpflanzen – „der Frächter hat die erste Ladung umgebracht“ – sowie Probleme bei der Ernte – „wir haben kein Bio-Zertifikat, bauen aber biologisch an, das heißt, es muss viel händisch gemacht werden.“ Die Arbeit hat sich dennoch gelohnt: 20.000 bis 30.000 Pflanzen hat er pro Hektar erwirtschaftet. Eine Pflanze wirft etwa einen bis eineinhalb Kilogramm Süßkartoffel ab.

Ab Montag wird die subtropische Pflanze sogar in heimischen Supermärkten (Eurospar, Interspar) verkauft – sozusagen als Testbetrieb. „Damit will ich die Landwirte davon überzeugen, dass das funktioniert.“ Deren Skepsis hat übrigens auch positive Nebenwirkungen. Immerhin hat genau das Argument „das funktioniert doch nie“ den Hobbygärtner erst recht motiviert. „Ich wollte einfach beweisen, dass das geht. So wurde es vom Hobby zur Obsession.“

Auch eine Kooperation mit einem italienischen Snack-Hersteller ist im Laufen. Immerhin kann er aus optischen Gründen nur etwa ein Drittel seiner Ernte an die Supermarktkette verkaufen. Dort haben nämlich nur Produkte eine Chance, die aussehen, als wären sie einem Bilderbuch entsprungen. Deshalb wird ein Großteil der „Burgenland-Batata“ – unter diesem Namen wird die Wurzel verkauft – in Italien zu Süßkartoffel-Mehl und dann zu Taco-Chips verarbeitet.


Platz 7 der weltweiten Nahrungsmittel. Lang hofft, dass durch diese Pionier-Arbeit dann auch die Politik und vor allem die Saatgut-Hersteller auf das Thema aufmerksam werden. Immerhin gibt es – auch wenn vorrangig weiße Typen der Süßkartoffel auch in Italien, Spanien und Portugal angebaut werden – in Europa noch immer kein entsprechendes Saatgut.

Potenzial hätte die Pflanze. Sie ist weltweit das siebtwichtigste Nahrungsmittel und aufgrund der Inhaltsstoffe gesünder als die Kartoffel. Und die hatte, wenn auch schon vor ein paar Jahrhunderten, hierzulande einst einen ähnlich exotischen Stellenwert.

Yams, Maniok, Topinambur und Wasserbrotwurzel

Sie wird oft mit der Süßkartoffel verwechselt. Die Yams (Dioscorea), Yam oder Yamswurzel gehört aber zum Yamswurzelgewächs, hat also ihren eigenen Stammbaum. In südlichen Ländern ist sie wegen ihres hohen Stärkegehalts ein Grundnahrungsmittel. Langsam taucht sie auch auf heimischen Märkten auf. Sie gilt als entzündungshemmend, krampflösend und schmerzlindernd. Außerdem soll sie gegen Menstruations- und Wechselbeschwerden wirken. Mythen zufolge soll sie gar zur Empfängnisverhütung und (!) bei unerfülltem Kinderwunsch eingesetzt werden. Besser, man konzentriert sich auf die Kulinarik: Sie schmeckt leicht süßlich und erinnert an Maroni, Kartoffeln und Süßkartoffeln.

Sie gehört zu den Wolfsmilchgewächsen und hat ebenso viele Namen wie ihre nur scheinbar artverwandten Kollegen: Maniok, Mandioca, Cassava, Kassave oder Yuca. Die stärkehaltigen Wurzelknollen stammen aus Südamerika und sind dort seit jeher ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Weltweit werden jährlich etwa 230 Millionen Tonnen geerntet (Stand 2010). Roh sind die Wurzeln, ebenso wie die Yams, giftig, weshalb sie gekocht oder zu Mehl verarbeitet werden. Bei süßeren Sorten ist der Anteil des Blausäureglykosids Linamarin gering beziehungsweise nur in der Schale enthalten. Die Kügelchen des Bubble Teas werden übrigens mit Tapioka, der Stärke der Maniok-Wurzel, hergestellt.

Topinambur gehört zu den Korbblütlern, ebenso wie die Sonnenblume. Die Knollen der Pflanze haben sich mittlerweile auch auf heimischen Speisekarten und Märkten durchgesetzt. Sie ähnelt optisch einer Kartoffel, schmeckt leicht süßlich und hat eine leicht wässrige Konsistenz. Sie gilt als Schlankmacherknolle und ist vor allem bei Diabetikern beliebt, da sie reich an dem Polysaccharid Inulin ist, einem löslichen Ballaststoff, der den Zuckerstoffwechsel kaum belastet und die Verdauung fördert. Außerdem hat sie einen recht hohen Eiweißgehalt. In der Küche wird sie zu Püree oder Suppen verarbeitet, wie Kartoffeln in Salzwasser gekocht oder frittiert. Sie kann auch roh in Salaten gegessen werden.

Sie gehört zu den Aronstabgewächsen und hat ebenso viele Namen: Wasserbrotwurzel, Kolokasie, Taioba, Eddo Dasheen oder in Hawaii Kalo. Sie benötigt besonders viel Wasser und fühlt sich deshalb in tropischen und subtropischen Gebieten wohl. Auf der Malaiischen Halbinsel soll sie schon seit Jahrtausenden als beliebte Nahrungspflanze kultiviert werden. Die Knollen enthalten Stärke, Eiweiß, Provitamin A und Vitamin C. Sie werden gekocht – allerdings muss aufgrund der giftigen Inhaltsstoffe das Kochwasser einmal gewechselt werden – gegrillt, frittiert oder gebacken. Wie bei den meisten Wurzeln können auch hier die Blätter gegessen und die Knollen zu Schnaps verarbeitet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2013)

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