Freund oder Feind, tödliches Gift oder Jungbrunnen?

Die Menge bestimmt, ob Alkohol einen umbringt oder guttut. Bier und Wein standen und stehen jedenfalls im Mittelpunkt tausender wissenschaftlicher Untersuchungen. Und die sprechen unter anderem von Anti-Aging-Effekt und Herzschutz.

Jekyll & Hyde liegen hier so nah! Ob Alkohol zum Feind oder Freund wird, kommt in erster Linie auf die Menge an. „Die Dosis macht das Gift“, sagte schon Paracelsus. Alkohol kann nur allzu leicht zum tödlichen Gift werden, in moderaten Mengen wird er jedoch von Medizin und Wissenschaft weithin als gesund bezeichnet. Doch bei moderat scheiden sich die Geister. Manche bezeichnen einen Drink täglich als gesund, andere zwei, Dritte empfehlen, nur drei- oder viermal die Woche ein, zwei Gläser zu trinken, Vierte bleiben beim Terminus mäßig und legen sich nicht näher fest. Sicher ist: Frauen schadet Alkohol schneller als Männern. Und ein Zuviel davon macht beide Geschlechter krank. Nicht nur die Leber, auch Magen und Hirn leiden, das Krebsrisiko steigt.

Xanthohumol im Bier hingegen ist erwiesenermaßen krebshemmend. Manche Brauereien versuchen daher, ihr Bier mit diesem Polyphenol des Hopfens anzureichern, der Durchbruch ist offensichtlich noch nicht gelungen. Und auch eine Xanthohumol-Tablette winkt nicht am Horizont. „Es scheint so, als ob dieser Pflanzenstoff nur in Alkohol, nicht aber in Wasser löslich ist“, meint der deutsche Gynäkologe und Infektionsexperte Ernst Rainer Weissenbacher. Er ist Mitglied eines jüngst gegründeten internationalen Expertengremiums, das sich mit den gesunden Seiten des Biers und der gesunden Menge auseinandersetzen will.

Auch österreichische Fachleute sind da mit von der Partie, unter anderem Österreichs Hormonpapst Johannes Huber und Österreichs „Bierprofessor“, der Grazer Neurologe Manfred Walzl. „Zu Bier und Gesundheit gibt es mehr als 3000 wissenschaftliche Arbeiten, eine davon besagt, dass mäßiger Genuss das Alzheimer-Rrisiko um bis zu 58 Prozent senken kann“, weiß Walzl. In diesem Zusammenhang meint etwa die NAAA in den USA (National Alliance for Action on Alcohol), dass ein Liter Bier täglich die Entstehung von Alzheimer hintanhalten könne.

„Die Gerste wird weit unter ihrem Wert gehandelt“, wirft Huber ein und hebt einen ihrer Inhaltsstoffe, die Ferulic-Säure, hervor. „Sie ist antientzündlich und in der Lage, Blutzucker und Blutdruck zu senken.“ Außerdem könne sie die Blutgefäße jung erhalten und sei dadurch ein hervorragendes Anti-Aging-Mittel. Das ist auch der Rotwein, heben dessen Verfechter hervor. Nicht nur, aber vor allem das Resveratrol im Wein erwies sich in Tausenden von Studien als gesunder Tausendsassa. Dieses Polyphenol in den Schalen der Trauben verlangsamt die Zellalterung und schützt das Herz, sagt die Forschung. „Außerdem ist es ein hervorragender Radikalfänger und wirkt auch auf diesem Weg als eine Art Altersbremse“, ergänzt Wiens Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.


Wein gegen Krebs. Der Professor arbeitet im Zentrallabor des AKH, sein Spezialgebiet ist die Krebsforschung. „Resveratrol wirkt auch krebshemmend und entzündungslindernd“, weiß er aus eigenen Untersuchungen. Resveratrol gilt denn auch als viel versprechendes Anti-Krebsmolekül, weltweit wird daher versucht, diesen „Wunderstoff“ in Pillen oder Kapseln zu packen – bisher ist man gescheitert. Auch Traubensaft und Weißwein liefern viel weniger Resveratrol als der Rote. Und Trauben müsste man kiloweise verspeisen, um auf dieselbe Menge zu kommen, die zwei Gläser Rotwein bieten. „Ein bis zwei Achtel am Abend sind gesund“, sagt Szekeres, der auch weiteren gesunden Inhaltsstoffen des Weines auf der Spur ist.

Buch & Tipps

Jungbrunnen Bier.Fast ein Muss-Buch für alle, die mehr über die gesundheitlichen Auswirkungen des Gerstensaftes wissen wollen (Univ.-Prof. Manfred Walzl, 144 Seiten, 12,90 €, Verlagshaus der Ärzte).

Most zum Kochen.Auch Most hat seine gesunden Seiten, wer damit Suppen, Sulz, Kekse oder Pudding aufpeppen will, sollte sich das Buch „Traditionelle Küche: Mostviertel“ besorgen (96 Seiten, 9,95 €, Krenn Verlag).

Mini-Med-Studium.
„Alkohol: Dein Freund oder dein Feind“, Mini-Med-Studium, Vortrag Otto Lesch, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Suchtforschung. 3.Juni, Wiener Novomatic Forum, 19 Uhr, Info-Hotline 0810081060.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2013)

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