Rock'n'Roll: Bründlmayers Weg zum Wein

Kann auch RocknRoll sein
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Winzer Vincent Bründlmayer über seinen Werdegang, die unkomplizierte Attitüde von Grand Crüe und seine Edition für die Grelle Forelle. Ein Porträt.

Man hätte sich ja irgendwie eine Art Weinlokal erwartet. Aber Vincent Bründlmayer trifft sich lieber im Buchgeschäft: Shakespeare & Company liegt in der Sterngasse 2 und hat wider Erwarten kein angeschlossenes Café, aber weil Bründlmayer früher einmal darüber im gleichen Haus gewohnt hat, bekommt er trotzdem einen Kaffee. Er kann ihn auch brauchen: Die Nacht hat er in Wien verbracht – er hat hier immer noch eine Wohnung – und beim Pétanque im Museumsquartier ist es spät geworden.

Pétanque ist die neue Leidenschaft des Sohns des renommierten Winzers und einer Französin. Vergangenes Jahr hat er damit begonnen, inzwischen will er einem Verein beitreten und überlegt, eine eigene Bahn zum Üben zu bauen. „Ich hab es auch mit Golf probiert, aber das ist nicht so meins.“

Dass der Wein seins ist, musste Bründlmayer auch erst herausfinden. Zwar war er, natürlich, schon als Kind mit im Weingarten, „aber der Mythos um dieses alkoholische Getränk hat mich immer gewundert. Ich habe das Trara nie ganz verstanden.“ Früh floh er nach Wien, studierte entgegen der Empfehlungen der Eltern („Wirtschaft!“) zuerst Design, dann Tontechnik, sammelte Schallplatten und legte sie, als „klassischer Bedroom DJ“, auch immer wieder einmal auf. Er wanderte durch die Kreativ- und Modebranche, lernte „als Ausgleich“ Galerien, Ausstellungen und Museen lieben und begann, Street Art zu sammeln. Druck, ins Weingut zu folgen, spürte er nicht. „Da waren meine Eltern recht schlau und haben mich rausgelassen.“ Eine Suche seien diese Jahre gewesen, sagt er heute, all die verschiedenen Dinge hätten ihn „auch nicht ruhig gemacht“.


Im Jahr 2007 machte er doch ein Praktikum im Burgund, es brachte die Wende: Bründlmayer fand den Wein so spannend, dass er auf der Boku Önologie studierte, einen Wirtschafts-MBA hängte er an. Schon seit er 16 war, war er immer wieder für das elterliche Weingut um die Welt gereist, nach Brasilien, Asien, in die USA. Hatte gelernt, dass Wein doch ein gutes Gesprächsthema sein kann, wie auch das Kochen. Da hatte er geglaubt, er habe zwei linke Hände, bis ihn Freunde während des Studiums im Catering zum Aushelfen engagierten.

Seit Jänner ist Bründlmayer nun wieder fix zurück im 7000-Einwohner-Ort Langenlois. „Es hat mich Überwindung gekostet“, gesteht er, „ich habe mir unnötig Druck gemacht, dachte, es würde mich belasten, ich würde vereinsamen. Ich habe nicht gedacht, dass es so nett sein würde.“ Der 30-Jährige hat sich das ehemalige Haus der Großeltern hergerichtet, einiges an generationsbedingten Unstimmigkeiten überwunden. Jetzt schätzt er „die Konstellation, dass ich mit meinem Vater arbeiten kann. Und er muss nicht mehr jeden Tag um 6.45 Uhr im Hof stehen.“

Mit einem geerbten Sparbuch hatte sich Vincent Bründlmayer schon zuvor seinen ersten Weingarten, den „Spiegel“, gekauft. Nächste Woche präsentiert er zum zweiten Mal das Ergebnis, einen Grünen Veltliner samt Etikett des kalifornischen Graffiti-Künstlers David Choe, der einst die Facebook-Büros ausgestattet hat. Und der für Bründlmayer ein Pritschenwagen-Sujet interpretiert hat. „Mit einem fetten Wal und einem bissigen Hund, der zeigt, dass das Ganze mit Arbeit verbunden ist und es auch bissige Hunde gibt.“ Daneben hat Bründlmayer noch einen kleinen Merlot-Weingarten dazugekauft. „Ich möchte mir mein eigenes kleines Portfolio aufbauen.“ Samt limitierter Editionen, „die man dann wie Vinyl sammeln kann, bis man sich irgendwann bewusst Zeit nimmt“.

Am 9. September wird außerdem in der Grellen Forelle ein Wein vorgestellt, den Bründlmayer eigens für den Nachtklub gemacht hat: Weil es doch Leute gebe, die auch hier lieber Wein als Bier und Wodka trinken. In diesem Fall stammt das fluoreszierende Etikett von Constantin Luser – und leuchtet bei Nacht. Ein doch unkonventioneller Zugang in der Weinwelt. „Ich finde es wichtig, dass man das entmystifiziert und entstaubt“, sagt Bründlmayer, „und das ganze Elitäre weglässt. Es soll keiner Scheu haben – es muss einfach Spaß machen zu trinken. Es ist wie mit der Kunst und der Musik. Das Netteste ist, wenn jemand vom Weinzeck gebissen wird – und man merkt, wie er sich plötzlich damit auseinandersetzt.“


Nicht umsonst ist Bründlmayer Mitglied im kleinen internationalen Klub Grand Crüe: Seine Mitglieder, darunter ein chilenischer Weinfotograf und der Münchner Finkus Bripp („Wine on the Rocks“), tragen einen Totenkopfring und gehen gemeinsam auf Reisen. Die Haltung, so Bründlmayer: „Das Ganze kann auch Rock'n'Roll sein. Man kann auch einmal einen super Terroir-Champagner mit der Bierflasche aufmachen!“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.08.2013)

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