Zum Roten Bären

Zum Roten Bären
Zum Roten Bären(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Gemütliche Wirtshausatmosphäre – inklusive Akkordeon auf dem Klavier – und sehr gute Küche aus der einstigen Monarchie gibt es im Zum Roten Bären.

Ein Wirtshaus wie aus dem Bilderbuch gibt es selten. Natürlich ist das immer ein höchst subjektives Bilderbuch. Aber dennoch weiß irgendwie jeder, was gemeint ist: Gemütlichkeit, fast Behaglichkeit, angenehmes Licht, ein schöner Holztisch, nette Menschen, gute Musik, ebensolches Essen (und Preis-Leistungs-Verhältnis) und eine Wein- und Bierkarte, die durstig macht. Zugegeben, alles passt selten, und wenn das eine besonders gut ist, kann man über das andere gern hinwegsehen.

Trotzdem schön, dass es Orte gibt, an denen das Wirtshaus dem Bilderbuch verdächtig nahekommt. Wie zum Beispiel im neuen Zum Roten Bären in der Berggasse, das in den einstigen Zum Braunen Bären eingezogen ist und zwecks Verwirrung das Schild vom Vorgänger hängen ließ. Wobei das auch nicht weiter stört. Menschen mit Bilderbuchwirtshaus-Sehnsucht finden auch so dorthin. Ein Lokal, das ein Klavier im Eck stehen hat, kann schon einmal nicht schlecht sein. Wenn dann darauf ein Akkordeon liegt und darunter ein Cello, umso besser. Auch wenn die Musiker heute Pause haben – „Love me tender“ hören wir auch gern.

Noch lieber aber lesen wir die Karte, auch wenn es ein bisschen dauert, bis die den Weg zu uns findet. Angesichts dessen, was kurz darauf serviert wird, haben wir das aber längst vergessen. Die neuen Betreiber Florian Kovacic und Hans Bodingbauer (der zuvor im Fabios, Roten Elefant oder Top-Kino gekocht hat) haben sich im Roten Bären auf Hausmannskost aus dem Gebiet der ehemaligen Monarchie Österreich-Ungarns spezialisiert. Also geröstete Hühnerleber, Gulasch, Schnitzel, Eiernockerln, Kärntner Schlutzkrapfen, slowenische Vorspeisen, Palatschinken und Sterz. Frühstück gibt es auch, benannt wird es nach Bezirken – das Ottakringer kommt wenig überraschend mit Gulasch, Seidl und Zigarette daher (die aber vor der Tür konsumiert werden muss), das Leopoldstädter mit Pomodori secchi und Co. Wir testen aber lieber die Abendkarte und sind begeistert. Die Erdäpfel-Kräuter-Suppe mit Hühnerleber ist ein Gedicht und kommt mit einer großen Portion Innereien, Kräutern und frischen Holunderblüten daher (knapp vier Euro). Weiter geht es mit einem köstlichen Tafelspitz mit Erdäpfelpüree (16,50 Euro) – unglaublich zartes, mürbes Fleisch. Und weil dort die Hausmannskost nicht so streng genommen wird, gibt es auch schwarzes Risotto mit Baby-Oktopus, geschmorten Tomaten, Spargel und Zitronen (rund 13 Euro) – so gut, dass wir einfach stumm bleiben und genießen. Oder noch einen Schluck nehmen. Das Bier vom Fass kommt aus den Häusern Černá Hora (Empfehlung!), Schleppe, Schremser und Ottakringer. Die Weine zum Beispiel vom Weingut Muster aus Leutschach, Pimpel aus Göttlesbrunn oder Lentsch aus Podersdorf. Schnaps und Cocktails gibt es auch. Warum der Wirt immer eine Sonnenbrille trägt, verstehen wir nicht. Macht nichts. Wir kommen wieder – sehr, sehr gern. (Zum Roten Bären, Berggasse 39, 1090 Wien, Mo bis Fr, 9–23 Uhr, Sa 18–00 Uhr, ✆ +43/(0)1/317 61 50).

diepresse.com/essen

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.05.2014)

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