Kleiner Raum, großer Kaffee

Charles Fürth
Charles Fürth(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die kleine Kaffeebar hat in Wien immer mehr Spielarten. Als überdimensionaler Becher, als winziges Stehcafé oder mobil in einem umgebauten Moped gehört sie zum Stadtbild.

Vielleicht ist sie tatsächlich die kleinste Kaffeebar der Welt, wie es die Betreiber vermuten. So einfach lässt sich das natürlich nicht überprüfen, fix ist aber: Sie ist tatsächlich sehr, sehr klein, die Espressomobil Coffeebar, die Peter Lindmoser und Moriz Fleissinger in eine kleine Nische in der Himmelstraße5 im 19.Bezirk gezwängt haben.

Jahrelang war der winzige Raum bei der 38er-Haltestelle Grinzing von einem kleinen (natürlich), bestens bestückten Zeitungskiosk belegt, der vor einem Jahr schloss. Lindmoser kam immer wieder vorbei und überlegte, ob sich der Standort nicht als Café nützen ließe. Einige Behördenwege später hat man nun als reduzierte Kaffeebar eröffnet, ohne Porzellan, ohne Schnickschnack (wiewohl es auch Säfte, Bier und Hotdogs gibt). „Wir haben keinen Sitzplatz, wir haben auch keinen Stehplatz“, sagt Lindmoser. „Der Gedanke ist, dass die Leute sich einen Kaffee kaufen, weitergehen und wiederkommen.“

Das Konzept ist nicht neu, Lindmoser und Fleissinger verfolgen es seit 2012 auch in beweglicher Form mit ihrem Espressomobil: jenen hübschen Piaggio-Apen, die zu mobilen Kaffeebars umgebaut wurden. Elf Mopeds zählt die Flotte mittlerweile, die etwa im Stadtpark oder vor der Uni Wien Halt macht.

Kleine (Steh-)Cafés sind in Wien zwar nicht neu – schon in den 1950-er Jahren hat sich nach italienischem Vorbild die Espressobar in die Stadt gedrängt und den klassischen Kaffeehäusern viel Kopfzerbrechen bereitet – vermutlich gab es aber noch nie so viele ungewöhnliche Varianten wie heute. Morgen, Montag, etwa, öffnet im Alten AKH mit Mr.Bean eine weitere Spielart in Form eines riesigen Coffee-to-go-Bechers: Trotz der geringen Größe und des schnelllebigen To-go-Charakters legt man Wert darauf, eine anspruchsvolle Kaffeebar zu sein, inklusive Siebträgermaschine und nach Wiener Röstung hergestellten Kaffees. Im Media Quarter St. Marx steht der erste Mr.-Bean-Becher, der sich binnen Kurzem bewährt habe, sagt Betreiber Helmut Brem. „Und das, obwohl viele Büros heute eigene Espressomaschinen haben.“ Eigentlich war der Standort zur Schulung der Mitarbeiter gedacht, nun will man die Bar fix dort belassen. „Wir haben unterschätzt, dass die Leute auch bei einem Kaffee zum Mitnehmen sehr auf die Qualität achten.“

Auch Marco Salvatori, Geschäftsführer der traditionsreichen Wiener Kaffeerösterei Naber spricht davon, dass „sich die Geschmackserwartung der Menschen gesteigert hat. Der Kunde trinkt bewusster.“ Und das auch bei Naber gern auf kleinem Raum – im klassischen Stehcafé auf der Wieden.

Charles Fürth, der vor zwei Jahren begonnen hat, kommerziell Kaffee zu rösten, vergleicht das gern mit dem Weintrinken. Beim Wein achte der Kunde längst auf Herkunft und Qualität. „Dieses Bewusstsein breitet sich auch beim Kaffee langsam aus.“ Ähnlich wie in die (meist kleine) Vinothek mit ihrem ausgewählten Angebot und der kompetenten Beratung zieht es viele Wiener immer öfter in die kleinen Kaffeebars, in denen die Röster nicht selten selbst Auskunft geben und auf kleinem Raum auch einen großen Kaffee zubereiten. Zum Mitnehmen. Oder zum Dableiben. Sofern es der Platz erlaubt.

Die Traditionelle

1958 hat der Traditionsbetrieb Naber seine Filiale auf der Wieden eröffnet, die Zeit scheint in dem Laden mit integriertem Mini-Stehcafé stehen geblieben zu sein. „To go“ gibt es den Kaffee hier theoretisch auch, die meisten Kunden verstehen den Naber-Laden (wirkt dank Spiegelwand größer als er ist) als Treffpunkt, an dem sogar noch geraucht werden darf. Herr und Frau Naber sind hier oft persönlich anzutreffen.
4., Wiedner Hauptstr.40, Mo-Fr 8-18 Uhr.
www.naberkaffeee.com

Die Edle

Schon in den 1950-er Jahren gab es in dem verglasten Rondell im Hochhaus in der Herrengasse eine Milchbar, vor zwei Jahren hat das Ehepaar Michi Klein und Helmut Unger von der Weinhandlung Unger-Klein den prominenten Standort wiederbelebt. Neben einem kleinen Weinsortiment pflegt man hier auf 20mdie klassische Espressokultur. Soll heißen: Kaffee, Panini, Croissants. Intim aber unaufdringlich.
1., Herrengasse 6–8, Mo–Fr 8–22Uhr, Sa 10–22 Uhr.
www.imhochhaus.at

Die Büro-WG

Nach 20 Jahren in der Filmbranche hat Charles Fürth auf Kaffeesomelier umgesattelt: Die direkt gehandelten und selbst gerösteten Kaffeesorten aus Mittel- und Südamerika sowie Ostafrika verkauft er in seinem Co-Space mit nur acht Sitzplätzen. Gerne gibt es hier Kaffee zum Verkosten– oder auch zum Mitnehmen. Dienstag bis Freitag steht Fürth selbst im Laden, montags springt ein Mitarbeiter ein. Da röstet der Chef Kaffee in Niederösterreich.
7., Kirchengasse 44., Mo bis Fr: 10.30–17h. shop.fuerthkaffee.eu

Die Mobilen

„Mr. Bean“ nennen sich die überdimensionalen Kaffeebecher, die im Media Quarter St. Marx, ab Montag auch im Alten AKH sowie auf Events (Donauinselfest etc.) präsent sind. Der Kaffee stammt aus dem 2013 eröffneten „Wiener Rösthaus“, in dem 14 Kaffeesorten, alle zu 100% Arabica, nach alter Wiener Tradition geröstet werden. Auch hier kann man auf eine Schale Kaffee bleiben.
Mr.Bean: mrbean.at
Wiener Rösthaus: 8., Tigerg. 33., Di bis Fr: 10–18 Uhr, Sa: 9–13 Uhr. www.wienerroesthaus.at

Zahlen

11Vespas
sind in Wien jeweils als Espressomobil unterwegs. Fixe Standorte sind u.a. Stadtpark, Altes AKH sowie Uni Wien.

6Quadratmeter
klein ist die eben eröffnete Espressomobil Coffeebar (19., Himmelstr.5).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2014)

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