Wie einst im Bois de Boulogne: In Weiß im Freien speisen

Wie einst im Bois de Boulogne: In Weiß im Freien speisen
Wie einst im Bois de Boulogne: In Weiß im Freien speisenReuters
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Picknick. Das Vorbild des "Picnic en Blanc" ist das Pariser „Diner en Blanc“, das sich seit mehr als 25 Jahren um die Welt ausbreitet.

Es mag seltsam scheinen, zu Zeiten von Fußball-WM und Spielberg-Grand-Prix über Picknicks zu schreiben. Andererseits schließen sich Phasen der Fernseherfixierung und kleine Abstecher ins Grüne/an die Luft nicht aus. Und wer morgen, Sonntag, in Spielberg dabei ist, könnte es den Briten gleichtun, die fürs Royal Ascot gerade wieder stilvoll Körbe und Stühle ausgepackt haben.

Letzteres empfiehlt auch Lilu Steinbach den Wienern seit drei Jahren – heute Abend werden auf ihre Initiative hin wieder gut 200 weiß gekleidete Freiluftfreunde im innerstädtischen Raum Tische aufklappen, Tücher darüberwerfen und in der Großgruppe bei Mitgebrachtem tafeln. Wo genau, ist wie immer geheim und wird erst im letzten Moment bekannt gegeben. Insofern ganz wie beim Pariser Vorbild „Diner en blanc“, nach dem Steinbach ihre erste Version 2012 auch benannt hatte.

Nicht ganz zu Recht, wie sie heute weiß; sind doch beim Vorbild strenge Regeln zu befolgen. So muss man von einem Vorjahresteilnehmer eingeladen werden, Absagen werden wetterunabhängig nicht mehr nachgesehen. Wichtig sind auch gezügeltes Verhalten und die Mitnahme des eigenen Mülls – wohlweislich, schließlich werden die nicht genehmigten Veranstaltungen von der Polizei geduldet, vom Wohlbenehmen hängt die Zukunft ab. Es funktioniert schon ziemlich lang: 1988 wollte François Pasquier nach einigen Jahren im Ausland alte Bekannte wieder treffen. Das Konzept: Bring Essen und einen Freund. Weil Pasquiers Garten zu klein war, verlegte er das Picknick in den Bois de Boulogne. Mit Dresscode Weiß, um sich zu erkennen.

Heute versammeln sich derart jährlich bis zu 15.000 Menschen in ordentlichen Reihen beim Eiffelturm, auf den Champs-Élysées oder wie vorletzten Donnerstag auf sechs Pariser Brücken. Pasquiers Sohn Aymeric arbeitet an der internationalen Verbreitung: 100.000 Menschen picknicken jährlich bei rund 40 Events.

Bei einem solchen „Diner en blanc“ war Lilu Steinbach, Programmlogistikerin eines Privatsenders, nie. Inspiriert von den Bildern weißer Massen vor französischen Wahrzeichen war sie allemal. Von 1991 bis 1993 hat sie in Frankreich gelebt, durfte als Assistentin einer Filmproduktionsfirma „den berühmtesten Köchen des Landes den Schweiß von der Stirn tupfen“, dem ehemaligen deutschen Schildkrötensuppenfabrikanten René Lacroix diente sie zwischen Cannes, Newport Beach und den Cayman Islands sechs Monate lang als Personal Assistant, ehe sie aus Einsamkeit kündigte.

Heute freut sich Steinbach, wenn sich bei ihrem (genehmigten) Picknick die Leute drängen. Frankophil, sagt sie, solle es zugehen; eine Sängerin singt Piaf, DJ Salvatore Viviano legt auf. Auch das Essen soll französisch sein, bei Bedarf können gefüllte Picknickkörbe geordert werden (ob des Andrangs sind die Originalkörbe allerdings ausgegangen). Gelernt hat sie aus den ersten Jahren auch: Um die Zigarettenstummel kümmert sich bei ihr die MA48.

AUF EINEN BLICK

Lilu Steinbach organisiert mit engagierten Freunden frei nach Pariser Vorbild das „Picnic en Blanc“. Die Premiere fand 2012 im Prater statt, 2013 speiste man auf dem abendlichen Karlsplatz. Für heute gibt es noch wenige Plätze: Anruf mit Stichwort „Die Presse“ an 0664/546 33 25, die 35 Euro Tagesmitgliedschaft sind vor Ort zu entrichten. Ein etwaiger Erlös geht an den Evangelischen Waisenversorgungsverein. Tische, Stühle und Essen sind mitzubringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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