20 Millionen im Keller des Coburg: Die beste Weinkarte der Welt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die Auswahl des Palais Coburg wurde zur besten der Welt gekürt. In den sechs Weinkellern lagern 5500 Weine – und 50.000 Flaschen.

Ganz unten liegt der Champagner: Zwei Stockwerke unter dem Straßenniveau liegt der kälteste und älteste Keller des Palais Coburg, 350 Jahre alt. An der Decke klafft ein gemauertes Loch: Hier wurden einst Eisblöcke hineingeworfen, die winters mit Kutschen von den umliegenden Seen herangeschafft wurden. Damals wohl weniger für Wein als für die nötigen Lebensmittel. „Wie ein großer Kühlschrank“, sagt Sommelier Patrick Somweber.

Nun lagern hier, sagt Somweber, „so ziemlich alle Champagnerarten, nach denen ein Mensch fragen könnte.“ Nachsatz: „Auch Veuve Clicquot.“ Weil die Russen den mögen. Im Haus selbst pflegt man indes eine enge Beziehung zu Dom Pérignon, dem Lieblingschampagner von Coburg-Eigentümer Peter Pühringer. Den gibt es hier sogar glasweise. Ein Luxus, wie man betont – weil aufgrund der wenigen Kohlensäure die Flasche höchstens eineinhalb Tage hält. Mitten im Raum thront eine goldverzierte Sechs-Liter-Flasche Rosé aus 1996. Sie steht mit 38.000 Euro in der Karte. Der Marktwert, sagt Somweber, liege bei 50.000. „Und wir haben Angebote bekommen, die liegen weit darüber.“ Doch ungeöffnet geht hier keine Flasche außer Haus. Man biete Wein, keine Spekulationssammlerobjekte. Am liebsten behält man auch die leere Flasche, um Fälschungen zu verhindern.

In zehn Jahren an die Spitze

Zehn Jahre ist es her, dass Pühringer, Vermögensverwalter, Fondsmanager und großer Weinliebhaber, im renovierten Palais mit Hotel und Restaurant sein Weinarchiv begründet hat. 2005 stieß man erstmals auf den Titel der „wahrscheinlich besten Weinkarte Europas“ an. Verliehen wurde er vom Schweizer Newsletter „Weinwisser“, dessen Autoren zum ersten Mal seit Bestehen der Publikation die Höchstnote von 20 Punkten vergeben hatten. Heute ist man quasi schon daran gewöhnt, vom amerikanischen „Wine Spectator“ mit dem Grand Award ausgezeichnet zu werden. Und trotzdem freut man sich dieser Tage: Jetzt hat nämlich auch das britische Magazin „The World of Fine Wine“ die Weinkarte des Palais Coburg zur besten der Welt erklärt. Insgesamt wurden gut 4000 Restaurants und Hotels bewertet.

Ein Stockwerk über dem Champagner sind die Weine in einzelne Weinkeller gegliedert. Da sind, in einer Nische seitlich des Gangs, die Flaschen aus dem Château d'Yquem: die größte Sammlung der berühmten französischen Weißweine außerhalb des Guts. Hundert Jahrgänge lassen sich, von hinten beleuchtet, farblich vergleichen. 400 Euro kostet ein schwacher, ein paar tausend ein guter. Dann die Weine aus der Neuen Welt, die im „Schiff“ aus heimischer Eiche gelagert werden. Die vielen Österreicher, in Regalen aus Panzerglas: als Zeichen für Transparenz nach dem Weinskandal. Die Regale kosten so viel wie ihr Inhalt.

Mittendrin, unscheinbar, der älteste Wein des Archivs: eine deutsche Flasche aus dem Jahr 1727. Älter als das, was viele in Deutschland für die älteste erhaltene Flasche halten. Und unverkäuflich, preislos. Anders als die teuerste Flasche des Kellers, im gemauerten Teil, bei den Franzosen. Es ist eine Sechs-Liter-Flasche Château Latour aus 1961, bei einer Benefizauktion im Keller in Frankreich ersteigert. 170.000 Euro zahlt man dafür.

Zugang nur mit Fingerabdruck

Güter im Wert von 20 Millionen Euro, die geschützt werden müssen: Alle Keller sind videoüberwacht, hinein kommt man nur mit Chip und Fingerabdrücken. Für Somweber sind die kühlen Gewölbe der tägliche Arbeitsplatz. Gemeinsam mit Sommelier Wolfgang Kneidinger ist er für den Weinkeller verantwortlich – und damit auch für die frisch ausgezeichnete Weinkarte: 5500 Positionen, mit viel Weißraum auf dickes, hohes A3-Papier gedruckt und schwarz gebunden. Ausverkaufte Weine werden täglich sauber aus der Liste gestrichen, alle drei Monate druckt das Haus um hundert Euro pro Stück die Karten neu.

Der Umgang mit ihnen variiert naturgemäß. Da gebe es, sagt Somweber, jene Zweier- oder Vierergruppen, „die sich eine schöne Flasche teilen“. Und jene, die zu jedem Gang eine neue, hochpreisige Bouteille ordern, „und die nicht einmal austrinken“. Gäste, die mit Fanta oder Sprite mischen, habe er erst einmal erlebt. Peter Pühringer muss solches nicht erleben: Er lebt inzwischen in der Schweiz, das Haus leitet seine Tochter Karin. Einen Privatkeller hat er freilich noch in Wien. Samt einer Sammlung seltener Madeiras und Ports.

Auf einen Blick

Das Palais Coburg verfügt mit seinem Restaurant nicht nur über eines der besten des Landes, auch sein Weinkeller wird regelmäßig ausgezeichnet. Zuletzt hat das britische Magazin „The World of Fine Wine“ die Weinkarte zur besten der Welt gekürt. Die Preise reichen von 29 Euro (für einen Grünen Veltliner Hochstrasser Federspiel) bis zu 170.000 Euro für einen 1961er Château Latour. Jeden zweiten Donnerstag bietet das Haus Führungen mit Verkostung in jedem Keller. Dauer ca. 1,5 Stunden, 89 Euro pro Person. Anmeldung: weinarchiv@palais-coburg.com.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2014)

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