Alpiner Gastrotrip: Vom Kaiser zum König

(c) Georg Weindl
  • Drucken

Ein Kulinariktrip zu den letzten (Berg-)Monarchen Österreichs, der zeigt, dass man nicht nur in vornehmen Häusern, sondern auch in Bergbauernhöfen bestens isst und nächtigt.

(c) Georg Weindl
(c) Georg Weindl

Die Monarchie lebt. Und wie sie lebt. Die Tiroler haben ihren Kaiser, und bei den Salzburgern thront der König unübersehbar zwischen den Bergen des Pinzgaus. Der Wilde Kaiser steht in der Landschaft, als ginge ihn das alles nichts an. Er strahlt über das Tiroler Unterland, wo unten auf der Loferer Bundesstraße der Verkehr wie auf einer Autobahn vorbeidonnert, Kolonnen von Lastzügen und die üblichen Bentleys und Porsche Cayennes aus München Richtung Kitzbüheler Zweitwohnsitz unterwegs sind. Wer den Kaiser etwas besser kennt, der weiß, dass es hier neben all den Ferienhotels, dem nobelrustikalen Stanglwirt in Going auch noch individuelle Preziosen gibt, die sich neben der Straße verstecken und manchmal nur ein paar Schritte entfernt sind. Und die sollen auch im Mittelpunkt dieser Rundreise zu Füßen des alpinen Hochadels sein.

Was beim grassierenden Celebrity-Rummel des ­Stanglwirts in Going gern übersehen wird, ist das gut 400 Jahre alte Wirtshaus. In den alten Stuben wird klassisch Tirolerisches aufgetischt, unter anderem mit dem Käse von der eigenen Alm, Speck und Sulz von der eigenen Landwirtschaft. Die meisten Durchreisenden hier am Fuß des Wilden Kaisers bekommen die feinen Wohnlagen oberhalb der Straße und nahe an den kaiserlichen Felswänden gar nicht mit. Dort breiten sich fast unwirklich schöne Almwiesen unter dem Bergwald aus, setzen gediegene Wohnhäuser Farbtupfer in die Landschaft.  Ganz in der Nähe gelegen ist auch der Jägerwirt, ein erfreulich unkonventionelles Wirtshaus oberhalb von Scheffau. Vor einigen Jahren haben Andreas Salvenmoser und Martin Schipflinger den alteingesessenen Gasthof übernommen und ihm einen individuellen Facelift verpasst, dazu die Küche auf regional und kreativ umgestellt, was den Gästen offensichtlich gut gefällt. Übrigens bieten auch die Zimmer diese Mischung aus Fantasie und Bodenständigkeit.

Von vier Hauben zur Rauchkuchl. Von Scheffau geht es dann mit einer Runde um die Hohe Salve ins Brixental, während der Wilde Kaiser immer noch mächtig im Hintergrund steht. In Kirchberg merkt man bereits die Nähe zu Kitzbühel – nicht nur wegen des alles überragenden Kitzbüheler Horns. Ein gutes Revier für einen Haubenkoch wie Simon Taxacher, der in seinem nicht sehr großen, dafür aber ziemlich luxuriösen Hotel Rosengarten beeindruckend aufkocht. Er ist der jüngste Vierhaubenkoch, mit 19 Punkten vom Gault Millau, da kann man sich schon verwöhnen lassen oder selbst bei den Kursen mit dem Meister Hand anlegen lernen.
Budgetmäßig kann das abendliche Menü da deutlich über die 200 bis 300 Euro driften, aber dafür gibt’s Kalbsbries mit Maroni und Albatrüffel oder Nanteiser Ente mit Amaranth und Salzpflaumen. Hier im Speckgürtel von Kitzbühel und nur wenige Kilometer Luftlinie vom Kaiser entfernt, lässt es sich schlicht und traditionell tafeln. Das gefällt auch denen, die sonst nur allerfeinst logieren und dinieren.

Von denen kennt auch die Bacher Resi genug. Die Gäste in ihrem 500 Jahre alten Bauernhof in Stuhlfelden auf der Südseite des Pass Thurns lieben die herrliche Rustikalität im Schwaigerlehen, wo die Resi in der alten Rauchkuchl aufkocht und Schauspieler, Politiker und nicht ganz unbekannte Unternehmer in nostalgischen Schlafkammern mit Etagenbad schlummern und hinterm Hof auf der Wiese der provisorische Hubschrauberlandeplatz ist. Aber die Resi, die mittlerweile auch schon ein Kochbuch geschrieben hat, legt Wert darauf, dass es hier ganz normal und erschwinglich zugeht. Da passt es auch, dass der Gatte im Dorf eine Biobäckerei betreibt.

Von der Schule zum Herd. Im Salzburgischen geht’s nun südwärts durch den Felbertauerntunnel nach Osttirol, das zusehends für seine Ursprünglichkeit geschätzt und geliebt wird. Das bemerkte wohl auch die Wirtin vom Strumerhof, der so einsam und hochalpin über Matrei thront und nicht nur wegen der fantastischen Aussicht lockt. Anna Holzer hat nämlich als gelernte Landwirtschaftslehrerin früh die Naturküche entdeckt und ist heute bekannt für ihre Kräuterhexenküche, für die sie auch mit den Gästen in den Bergwald geht, um die begehrten Rohstoffe zu ernten. Die anderen Zutaten – etwa das Lamm- und Rindfleisch – stammen hauptsächlich aus der eigenen Landwirtschaft. Speck und Würste sind ebenso hausgemacht wie der Käse. Zum Aperitif würde sich ein Schafgarben-Campari anbieten, dann die klassische Unkrautsuppe gefolgt von einer Wiesen-Lasagne und als Hauptgericht Lamm im Bergheu.

Vom Sammelsurium zum Designauftrag. Nach diesem Abstecher folgt eine Schleife ins Kärntnerische, nach Spittal an der Drau, wo sich in luftiger Einsamkeit ein weiteres feines Berglokal anbietet. Hinter der Bezirkshauptstadt schraubt sich eine enge Straße hinauf zum Kleinsasserhof, dessen altes Portal von zwei Elefantenfiguren bewacht wird. Beim Betreten reibt man sich erst einmal die Augen angesichts des kreativen Durcheinanders, für das der kunstsinnige Wirt, Josef Gasser, verantwortlich ist, der das ungewöhnliche Lokal zusammen mit Gattin Walli führt. Ein guter Platz zur Logis, denn hier oben ist es ruhig und die Luft voller Inspirationen.

Nach diesem avantgardistischen Exkurs zieht es uns wieder nach Norden Richtung König. Nach einer Zwischenstation in Obervellach beim Gasthaus zur guten Quelle, allein der Name ist schon pure Nostalgie, kann man über Mallnitz ins Gasteiner Tal und nach Bad Gastein wechseln, das ja von seiner Vergangenheit lebt. Zugleich gibt es aber zukunftsorientierte Gastgeber, etwa Evelyn und Ike Ikrath, die neben dem verspielten und dennoch eleganten Wellnesshotel Haus Hirt auch das Miramonte betreiben, eine Mischung aus 1960er-Style und aktuellem Design. Ganz neu sind nun die fünf Alpenlofts, geräumige Domizile mit viel Holz und Glas und ähnlich guter Aussicht wie die beiden nahen Hotels.

Von Büchern zum Brettl. Aus dem Gasteiner Tal rollt es sich dann kommod bergab bis zur Bundesstraße, wo noch ein Abstecher hinauf ins idyllische Goldegg mit seinem malerischen See samt Schloss und dem nahen Seehof des Hoteliers Sepp Schellhorn lohnen würde. Im Haus des Thomas-Bernhard-Anhängers befindet sich neben einer gut sortierten Bibliothek auch die Küche des regional ausgerichteten Restaurants Hecht. Langsam nähern wir uns dem zweiten monarchischen Epizentrum und wählen dafür eine Schleife über Bischofshofen und Mühlbach und kurven durch das enge Tal bergauf zum Dientner Sattel direkt unter dem Massiv des Hochkönigs, können uns bei einem Spaziergang hinauf zum Arthurhaus endlich die Beine gescheit vertreten und uns mit einer Brettljause belohnen, bevor wir im Spa des nahen Alpinresorts Übergossene Alm landen. Immer mit Blickkontakt zum 2941 Meter hohen König, wobei schon etwas Unterwürfigkeit mitschwingt beim Blick über die senkrechten Felswände.

Tipp

Alpiner Gastrotrip. Für die beschriebene Tour empfiehlt es sich, gemütlich eine Woche einzuplanen. Schließlich soll man die Kalorien wieder loswerden beim Wandern oder Mountainbiken. Außerdem ist die Landschaft viel zu schön, um durchzuhasten, man sollte auch die Ruhe auskosten.

www.jaegerwirt-scheffau.at
http://restaurant.rosengarten-taxacher.com
www.schwaigerlehen.at
www.strumerhof.at
www.kleinsasserhof.at
www.zurgutenquelle.at
www.alpenlofts.com
www.uebergossenealm.at

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.