Der Cider kommt

Cider
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Mit der Craft-Bier-Welle macht sich Cider daran, als neues, altes Modegetränk den heimischen Markt zu erobern – der Verwandte Most schadet dabei nicht.

Fast könnte man meinen, er ist ein Trittbrettfahrer. Einer, der den Craft-Bier-Hype nutzt und praktischerweise mit dem Most einen hierzulande traditionsreichen Verwandten hat: der Cider. Er taucht in letzter Zeit verdächtig oft auf. Und zwar nicht nur in Pubs oder Lokalen, die sich auf eine große Bierauswahl – vorzugsweise von kleinen Brauereien – spezialisiert haben, sondern auch im gut sortierten Lebensmittelhandel und in Szenebars.

Hört man sich bei jenen Menschen um, die heimischen Cider produzieren oder vertreiben, bekommt man einheitlich die Antwort: Es tut sich derzeit einiges beim Cider, die Nachfrage steigt, wird aber in den nächsten Jahren noch ordentlich anziehen. So meint etwa Moritz Grobovschek vom Getränkegroßhandel Ammersin: „Die Nachfrage steigt seit fünf Jahren, aber Cider hat in Österreich noch nicht so einen Durchbruch geschafft, wie wir uns erhofft haben.“ Er ortet in der Gastronomie und im Lebensmittelhandel Interesse am Cider. Allerdings tun sich viele noch schwer damit, das Produkt einzuordnen. Mancherorts wird es beim Bier platziert – immerhin wird Cider vor allem in Großbritannien von Bierbrauern hergestellt und in Pubs verkauft. Andere wiederum sehen darin ein Schaumweinprodukt, das zwischen Prosecco und Most Platz nehmen soll.

Bierbrauer oder Mostmacher

Diese Diskrepanz wird auch bei den unterschiedlichen heimischen Herstellern deutlich. Unter ihnen finden sich Bierbrauer genauso wie Mostproduzenten oder Quereinsteiger, die das Produkt im Szenebereich etablieren wollen. Die erste Gruppe wird hierzulande vorerst nur von Reinhold Barta, Inhaber und Braumeister der Salzburger Biobrauerei Gusswerk, vertreten. Seit eineinhalb Jahren produziert er Cider für diverse Pubs, allen voran das Charly P's und das neue Brickmakers. Seit einem halben Jahr hat Barta seinen Cider in der 0,33-Liter-Flasche auf den Markt gebracht. Wie er selbst auf den Cider gekommen ist, erklärt er mit seinem Lebensmittel- und Biotechnologiestudium. „Ich sehe mich auch als Lebensmitteltechnologe, mich interessiert das Experimentieren. Und ich war 1999/2000 ein Jahr lang in Irland, dort macht jede kleine Brauerei ihren eigenen Cider.“ Auch wenn Barta dem Begriff Craft-Bier (oder eben Craft-Cider) skeptisch gegenübersteht – „das ist zu sehr Mode“ –, lässt sich sein Cider durchaus in diese Kategorie einstufen. Während große internationale Hersteller mit Konzentrat arbeiten und den Cider mit Kohlensäure versetzen, ist der Prozess bei Barta etwas langwieriger. Er dauert genau genommen sechs Wochen.

Barta verwendet für seinen Papagena-Cider Bioapfelsaft aus dem Mühlviertel, mit einem 20-prozentigen Anteil von Streuobstwiesen-Äpfeln. „Die machen das Ganze ein bisschen saurer und sind ein super Ausgleich zu den süßen Kulturäpfeln.“ Barta versetzt den Apfelsaft mit Bierhefe. „Ich habe es mit Wein-, Bier- und Mosthefe probiert. Die Gärung mit Bierhefe hat für mich das beste Ergebnis geliefert.“ Eine Woche bis zehn Tage gärt der Saft mit der Hefe in einem Tank. Fünf bis zehn Tage dauert die Nachgärung. Danach hat der Cider zwei bis drei Wochen Zeit, um geschmacklich zu reifen und Kohlensäure natürlich herzustellen. Letzteres funktioniert in der Brauerei mittels Druck in einem großen Tank. „Das ist der Vorteil einer Brauerei, diese Tanks sind sehr teuer. Wenn man die nicht hat, muss man Kohlensäure hineindrücken, die will aber auch schnell wieder raus und ist ein bisschen aggressiver.“

Aus einer ganz anderen Ecke kommt hingegen Andreas Sederl, der gemeinsam mit seiner Familie unter dem Namen Mohr-Sederl Fruchtsäfte, Most, Cider und Destillate herstellt und auch einen Mostheurigen in Zweiersdorf am Fuß der Hohen Wand betreibt. „Cider ist in letzter Zeit ein sehr boomendes Geschäft“, sagt er. Und: „Die Überzeugungsarbeit, Cider zu verkaufen, ist nicht so schwer. Bei Verkostungen kommt er immer gut an, weil er so süffig ist.“ Er verkauft seit zehn Jahren einen Apfel-Cider, vor zwei Jahren ist ein Birnen-Cider dazugekommen. Sederl hat übrigens auch beim Most einen Boom ausgemacht. „In den vergangenen fünf Jahren ist sein Stellenwert nach oben gewandert, das hat auch mit einem Qualitätsschub zu tun.“

Cider in der Weinflasche

Sederl unterscheidet bei der Cider-Herstellung die österreichische und die englische Methode. Hierzulande werde meist vergorenem Apfelwein, also Most, durch den Zusatz von Apfelsaft eine Restsüße verliehen und er wird mit Kohlensäure versetzt. In England wiederum werde die Gärung bewusst unterbrochen, damit das Endprodukt halb süß bleibt. Sederl verwendet für seinen Kaiser-Cyder, wie er ihn nennt, nur handgepflückte, vollreife Früchte, die er unter geringem Sauerstoffeinfluss presst und mittels Hefe 14 Tage lang gären lässt. Danach wird der Cider geklärt, sprich filtriert, und in 0,75-Liter-Flaschen abgefüllt. Sederl setzt bei seinem Cider bewusst auf eine Positionierung im Weinsegment.

Anders wiederum ist das beim recht erfolgreichen Goldkehlchen-Cider. Zwei Quereinsteiger, Adam Ernst und Eva Wildsperger, haben ihn vor zwei Jahren auf den Markt gebracht. Seit zwei Wochen ist mit dem Himbeer-Cider ein neues Produkt dazugekommen. Auch hinter dem Goldkehlchen-Cider steht eine Reisegeschichte. In Australien haben die beiden Gründer Cider kennen und lieben gelernt und festgestellt, dass er hierzulande fehlt. Mittlerweile findet sich der Goldkehlchen-Cider, der mittels geschickten Marketings verkauft wird, in Wiener Szenelokalen und auch im Lebensmittelhandel. „Es gibt einen Trend zum Cider, auch dank des Craft-Biers. Es gibt aber noch sehr viel Potenzial nach oben“, sagt Ernst.

Apropos Craft-Bier: Auch beim halbjährlichen Craft-Bier-Fest fragen immer mehr Cider-Produzenten an, verrät Organisator Micky Klemsch. Offenbar erfolgreich. Beim nächsten Craft-Bier-Fest im Herbst soll es einen eigenen Cider-Bereich geben.

Definition

Most
Unter Most wird der – je nach Region auch vergorene – Saft von Trauben, Äpfel oder Birnen verstanden. Vergoren wird der Most mittels Kellertechnik und Hefe.

Cider
Vergorener Apfelsaft (Most) wird mit reinem Apfelsaft gemischt. Die Kohlensäure entsteht dabei auf natürlichem Weg oder wird am Ende des Prozesses eingespritzt. Der Alkoholgehalt liegt bei maximal fünf Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2015)

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