Bison und die Drittelregel

Bisons
BisonsClemens Fabry
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Weniger Wasser und weniger Fett als Rindfleisch: Bisonfleisch in der Küche.

Geschmacklich sei es zwischen Rind und Wild anzusiedeln, das Bisonfleisch, meint Josef Floh, experimentierfreudiger Koch im niederösterreichischen Langenlebarn. Er hat vor Jahren schon mit österreichischem Bisonfleisch gekocht. „Ich habe auch schon einmal versucht, den Züchter mit Manfred Höllerschmid zu verkuppeln“– Höllerschmid ist Stammbaumfleisch-Händler, Experte für die Dry-Aged-Methode und Lieferant zahlreicher Restaurants – „aber das scheint nicht zu funktionieren, so ein Bisonviertel ist halt mächtig groß und schwer, und ab Hof so einfach ein Viertel zu nehmen, funktioniert dann wohl im praktischen Ablauf nicht. Und es ist nicht gerade günstig...“ Manfred Höllerschmid selbst sagt, er habe vor einiger Zeit schon einmal versucht, mit einem heimischen Bisonzüchter ins Geschäft zu kommen, um dessen Fleisch zu vertreiben, aber man habe die Kooperation leider aus organisatorischen Gründen dann doch nicht zustande gebracht. „Aber das werde ich wieder verfolgen, an sich interessiert es mich.“ Bisonfleisch wäre für den Kamptaler Fleischhändler insofern eine außergewöhnliche Ergänzung seines Sortiments, als es sehr mager ist. „Sonst halten wir ja eher nach fetterer Ware Ausschau, einfach deshalb, weil es geschmacklich sinnvoller ist.“ Bison habe aber einen „sehr guten Eigenmuskelgeschmack“, meint Höllerschmid, der fehlende Fettgehalt ergebe also keinen aromatischen Nachteil.

Kleine Mengen

Bisonfleisch findet man hierzulande hie und da auf Bauernmärkten, bei Onlinehändlern wie Schaetzeausoesterreich.at und bei den wenigen Züchtern wie dem Kogelhof in Laaben im Wienerwald oder Edibichl in Altenmarkt an der Triesting direkt ab Hof. Allgegenwärtig ist es noch lange nicht. „Ich muss eine Büffellende haben, und wenn es mich das Leben kosten sollte“, lässt Karl May Sam Hawkens in Winnetou I ausrufen – so weit ist es mit unserer Leidenschaft für Bison derzeit nicht gediehen. Nicht nur wegen der vergleichsweise hohen Preise – ein Kilo Filet, von dem ein ausgewachsener Bison etwa vier Kilo hat, kann selbst ab Hof auf 120Euro kommen, Gulaschstücke gibt es um etwa 30Euro. Der außergewöhnlich geringe Wassergehalt, etwa 30 Prozent weniger als bei Rindfleisch, sorgt aber dafür, dass Bisonfleisch beim Garen deutlich weniger schrumpft, die Ausbeute also höher ist – insofern relativiert sich der höhere Preis im Vergleich zu anderen Fleischsorten wieder zu einem Teil.

Bisonfleisch ist auch deshalb wenig bekannt, weil die lieferbaren Mengen der heimischen Züchter noch nicht wirklich für einen Vertrieb in größerem Stil ausreichen. Der deutsche Fleischversand Otto Gourmet hat schon länger diverse Stücke vom Bison im Angebot, allerdings aus den USA. Dort waren die Tiere Ende des 19. Jahrhunderts fast ausgerottet, weil sie für die europäische Schuhsohlen- und Antriebsriemenproduktion erschossen wurden (das Fleisch wurde liegengelassen), und auch, um Platz für Rinderherden zu schaffen. Händler von US-Bisonfleisch argumentieren die Qualität ihrer Produkte damit, dass die Bisons auf den Prärieweiden eine weitaus höhere Pflanzenvielfalt vorfinden als auf mitteleuropäischen Wiesen. Otto Gourmet etwa preist das Fleisch auch speziell als Sportlernahrung an, weil es überproportional viel Eisen (daher rührt zum Teil auch die besonders kräftige dunkelrote Farbe her, die andere Begründung für das Rot ist die mangelnde Marmorierung), Zink und Selen enthalte und mager sei, empfiehlt aber originellerweise bei der Zubereitung eines der mageren Steaks, es nach dem Braten mit Butter zu übergießen.

Vorsicht beim Garen

Beim Kochen von Bisonfleisch gibt es aufgrund der anderen Fleischstruktur generell zwei Hauptregeln: Vorsicht bei Hitze und Garzeiten! Und man muss hinzufügen: Unverfälscht servieren, also ohne Saucen, ohne Knoblauchbutter und andere Übertünchungssünden. Nachdem Bisonfleisch kaum marmoriert ist, gart es deutlich schneller – Fett wirkt ansonsten beim Kochen wie ein Dämmstoff, den die Hitze erst durchdringen muss. Bei Bisonfleisch kann man sich die Drittelformel merken: ein Drittel weniger Wasser als bei Rind, ein Drittel weniger Hitze, ein Drittel weniger Kochdauer. Bisonfleisch braucht dafür mehr Zeit zum Rasten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.07.2015)

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