Arche Noah: Die Hüter der Vielfalt

(c) ARCHE NOAH/Schiltern
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Beate Koller, Geschäftsführerin der Arche Noah, zieht anlässlich des 25. Jubiläums Resümee – und freut sich über das Engagement der Spitzenköche.

Die Vielfalt ist schon beinahe zu einem so gängigen Schlagwort wie bio oder Nachhaltigkeit geworden. Wer heutzutage etwas auf sich hält, setzt nicht nur auf biologischen und sozial verantwortlichen Anbau, sondern auch gern auf alte, seltene Sorten statt auf von der Industrie hochgezüchtete Hybridsorten. Und das ist – trotz Schwarz-Weiß-Malerei – nicht unbedingt schlecht, im Gegenteil.

Dass die Sortenvielfalt bei Obst und Gemüse immer mehr geschätzt wird und sogar schon Supermärkte Paradeiser abseits der roten, großen, runden Klassiker anbieten, kommt nicht von ungefähr. Die Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt und ihre Entwicklung, besser bekannt unter ihrem Namen Arche Noah, hat dazu einiges beigetragen. Die Arche Noah, die ihren Stammsitz inklusive Schaugarten im niederösterreichischen Schiltern in Kamptal hat, feiert dieser Tage ihr 25-jähriges Bestehen. Beate Koller, Geschäftsführerin der Arche Noah und seit 1997 dabei, zieht dazu Resümee.

„Ich habe anfangs viele Führungen durch den Schaugarten gemacht. Da sind vor allem alte Frauen, Bäuerinnen gekommen, die haben sich ausgekannt mit altem Saatgut und verstanden, worum es geht. Heute ist das viel exotischer“, sagt sie. Seitdem habe sich sehr viel geändert, auch was den gesellschaftlichen Stellenwert betrifft. „Früher wurde das oft belächelt. Es wurde als nettes Hobby angesehen, aber mit Produktion habe das nichts zu tun, hieß es immer wieder.“

Genau das – altes Saatgut nicht nur zu erhalten, sondern auch zu nutzen, zu verarbeiten und zu essen – ist aber der Anspruch, den die Arche Noah auch heute noch stellt. Natürlich sei das nicht bei allen rund 6500 im Samenarchiv der Arche Noah befindlichen Kulturpflanzensorten machbar. Vor allem bei Obstsorten wäre es illusorisch zu glauben, man könne jede Sorte über die Produktion und den Markt absichern, sagt Koller. Das hindert sie aber nicht daran – gemeinsam mit rund 30 Mitarbeitern und zahlreichen Vereinsmitgliedern – es immer wieder zu versuchen.

Eine kräftige Unterstützung bekommt die Arche Noah seit ein paar Jahren von der heimischen Gastronomie. Heinz Reitbauer setzt in seinem Steirereck schon lange auf Gemüse und dessen Vielfalt. Seit dem jüngsten Umbau seines Restaurants hat er auch einen Saatgutschrank aufgestellt, der seinen Gästen diese verborgenen Schätze näherbringen will. Und: Er will Produzenten dazu animieren, es mit den alten Sorten zu probieren. Nicht, weil es eben gerade schick ist, sondern wegen des Geschmacks.

Köche setzen auf Vielfalt

Nicht nur er ist an der Sortenvielfalt interessiert. Reitbauer hat gemeinsam mit einigen Kollegen aus der Spitzengastronomie – Thomas Dorfer, Andreas Döllerer, Josef Floh, Thorsten Probost und Richard Rauch – sowie dem Unternehmer Klaus Buttenhauser den Kochcampus gegründet. Dieser Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die österreichische Küche und deren Produkte im In- und Ausland stärker zu präsentieren. „Wir wollen ein eigenständiges Image aufbauen und präsentieren, mit verschiedenen Parametern. Einer davon ist natürlich die Vielfalt. Österreich ist europaweit ein Spitzenreiter in der Bio-Landwirtschaft und war auch maßgeblich daran beteiligt, dass die EU-Saatgutverordnung nicht umgesetzt wurde. Wir sind schon Vorreiter in der Sortenvielfalt“, sagt Buttenhauser.

Der Kochcampus wird auch beim Jubiläumsfest der Arche Noah dabei sein und verschiedene Sorten verkochen. Auch in Zukunft – allen voran ab dem Jahr 2016 – soll es weitere Projekte und Kooperationen geben.
Koller ist naturgemäß über dieses Engagement erfreut. „Das ist eine Bereicherung, auch, weil viel Wissen um die Nutzung der Sorten verloren gegangen ist.“ Sie schätzt aber auch den Stellenwert, der der Sortenvielfalt dadurch gegeben wird. „Fleisch hat ja einen sehr hohen Stellenwert, Gemüse ist für viele immer noch eine Beilage. Das ändert sich zwar langsam, aber das sitzt immer noch tief. Teilweise ist schon eine Umschichtung spürbar. Billiges Fleisch wird zum Nahrungsmittel für ärmere Leute, und wohlhabendere Menschen mit höherem Bildungsgrad essen vegan.“

Seit dem Jahr 2008 hat Koller ein verstärktes Interesse an alten Sorten und dem Thema Vielfalt beobachtet. „Wir leben ja in einer Zeit der Verunsicherung, da ist natürlich das Regionale, das, was ich nachvollziehen und vielleicht selber anbauen kann, interessant.“ Wobei es Koller nicht nur um Tradition geht. Alles, was hier wachsen kann und gut hineinpasst, soll angebaut werden. Denn wirklich heimisch ist hier kaum eine Nutzpflanze. „Die Haselnuss vielleicht, die Karotte und manche Kräuter wachsen bei uns wild, aber es wurde nie kultiviert.“

Koller hofft, dass sich das in Zukunft ändert und die Sortenvielfalt – auch in der Lebensmittelproduktion und nicht nur in den Hausgärten – Einzug hält. Den Supermarkt bekämpfen will sie dabei gar nicht. Auch bei der Vermarktung und Distribution brauche es Vielfalt. Dazu müsse man jedoch in die Forschung investieren. „Da gibt es noch viel Luft nach oben. Aber das zahlt sich aus, das ist auch ein sehr großer Markt.“

Auf einen Blick

Beate Koller
Die Biologin ist seit 1997 bei der Arche Noah und seit 2000 Geschäftsführerin.

25-Jahrfeier: Gartenfest der Vielfalt
23. 8., 10-18 Uhr (15 €), Obere Straße 40, 3553 Schiltern, www.arche-noah.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.08.2015)

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