Der Geschmack der Bergamotte

Bergamotte
BergamotteDie Presse
  • Drucken

Eine Österreicherin und ein Italiener haben sich auf besondere Zitrusfrüchte spezialisiert. Sie bringen Bergamotten, süße Zitronen oder nach Vanille schmeckende Orangen nach Wien.

Eigentlich hat alles mit dem Olivenöl begonnen. Das haben Brigitte Schmidhuber und Domenico Pugliese für Freunde aus seiner Heimat, Kalabrien, nach Österreich importiert. „Das ist gut angekommen und wurde irgendwie immer mehr“, sagt Schmidhuber. Bald kam die Bergamotte dazu, und mit ihr eine Fülle an Zitrusfrüchten, die das Paar direkt aus Kalabrien bezieht. Seit mehr als einem Jahr verkaufen die beiden italienische Feinkostprodukte in ihrem eigenen Geschäft in Wien Neubau. Und es scheint ein bisschen, als hätten sie sich damit ein Stück Süden nach Wien geholt. Während es draußen schneit, köchelt drinnen ein Topf voller Bergamottenstücke vor sich hin. „Das mache ich eigentlich nur für den Geruch. Wobei, später geb ich vielleicht noch ein bisschen Zucker dazu, dann kam man eine Creme für Torten daraus machen“, sagt Schmidhuber.

In süße Zitronen beißen

Sie ist nicht nur ob der Vielfalt von den Zitrusfrüchten begeistert, sondern auch wegen der vielen Anwendungsmöglichkeiten. „In Italien isst man Süßzitronen als Ganzes, wie einen Apfel, auch die Kinder.“ Bei uns sei all das – abseits von Orangensaft, Mandarinen im Nikolosackerl und Zitronenspalten als Schnitzelbegleitung – noch viel zu wenig bekannt. Deshalb haben es sich die beiden zum Ziel gesetzt, auch den Wienern die Zitrusfrüchte näherzubringen. „Ich wage es zu behaupten, dass wir vor vier, fünf Jahren die Ersten waren, die hier Bergamotten verkauft haben“, sagt Schmidhuber. Sie wartet gerade auf eine Lieferung von Moro-Blutorangen, die in der Nähe des Ätna wachsen, Zitronatzitronen oder Cedri, die auch als Ganzes verspeist werden können, oder auf die Süßorangen Martisi, die nach Vanille und Litschi schmecken.

Ihr ist es wichtig, Zitrusfrüchte reif, unbehandelt und ungewaschen (dann halten sie wesentlich länger) und eben saisonal zu beziehen. Denn aufgrund der großen Vielfalt haben Zitrusfrüchte von November bis Juni Saison. „Die beste Zeit ist von Februar bis Juni. Je länger die Orange am Baum hängt, desto süßer wird sie. Die erste Ernte hat immer sehr viel Säure“, sagt Pugliese. Von der Ernte von unreifen Früchte, die zwar lang gelagert werden können, aber geschmacklich noch nicht ausgebildet sind, halten die beiden wenig. Auch eine biologische Produktion sowie eine ethische Wirtschaftsweise sind ihnen wichtig.

„In Kalabrien werden die Migranten aus Afrika, die auf Zitrusfarmen arbeiten, oft wie Arbeitssklaven gehalten. Wir beziehen alles von Familienbetrieben“, so Schmidhuber. Das hat auch seinen Preis, je nach Sorte liegt der Kilopreis zwischen drei und acht Euro. Zwei Jahre hat Pugliese etwa gebraucht, um einen Bergamottenproduzenten zu finden, der auch sie beliefert. Da die Bergamotte ob ihrer aromatischen Schale in der Kosmetik aber auch zum Aromatisieren eines Earl-Grey-Tees begehrt ist, müssen sich die meisten Produzenten keine Sorgen um Abnehmer machen. „Sie brauchen uns nicht“, sagt Schmidhuber. Gelungen ist es den beiden dennoch, die seltene Frucht nach Österreich zu bringen.

Pasta mit Bergamottensauce

Auch kulinarisch wird bei der Bergamotte allen voran die Schale verwendet. „Der Saft ist sehr sauer, ein bisserl bitter. Leute, die das trinken, wollen in der Früh aufwachen.“ Sie selbst verarbeitet die Bergamottenschalen gern zu einem Konzentrat, indem sie die Schalen, Zucker und Pektin einkocht. Das wiederum setzt sie auch für Süßspeisen ein, etwa eine Semifreddo al Bergamotto, also Halbgefrorenes von der Bergamotte. Domenico Pugliese wiederum isst sie gern zu Pasta. Dazu kocht er die Pasta, ein paar Minuten bevor sie fertig ist, verrührt er das Kochwasser mit jeweils 20 Gramm (pro Person) Olivenöl und Parmesan sowie geriebenen Bergamottenschalen. „Wenn ich es mit Zitronen mache, dann nehme ich pro Person eine Zitrone, bei der Bergamotte aber reicht eine für vier Personen.“ Das alles wird zu einer Creme vermischt, mit der Pasta vermengt und mit rosa Pfeffer oder Minze garniert. Pugliese schwört auch auf Schwertfisch auf einem Bett aus Bitterorangen oder aber einen Salat aus dünnen Bergamottenscheiben, Rucola, Fenchel, Mandel und Shrimps.

Bezogen wird die Bergamotte von einem 70 Kilometer langen Küstenstreifen im südlichsten Kalabrien. „Sie braucht ein sehr spezielles, warmes Klima und viel Wasser. Dort ist es nicht so warm im Sommer, maximal 40 Grad und im Winter mindestens fünf Grad“, sagt er. Sie muss angesichts der Kombination aus „nicht zu warm“ und „maximal 40 Grad“ lachen. „Ja, nachts brauchen sie einen Kältereiz, damit sie die Reife und Farbe entwickeln können.“ Man könne die Bergamotte schon auch bei uns anbauen, angesichts der unterschiedlichen Böden würde sie aber nie so schmecken. Schmidhuber schwärmt vom süßen Duft während der Ernte. „Unser Produzent erzählt uns immer, dass die Leute bei der Bergamotternte viel fröhlicher als bei der Olivenernte sind. Der Duft macht euphorisch." Pugliese hat bereits eine weitere besondere Zitrusfrucht im Auge. „Mein Traum heißt Finger Lime, sie wird auch Zitruskaviar genannt.“ Die sehr säurehaltige Frucht der australischen Fingerlimette erinnert optisch an eine Gurke, das Fruchtfleisch ist in kleine Perlen strukturiert. Seit vier, fünf Jahren kultiviert man sie auch in Italien. „Sie ist aber noch sehr teuer, 120 Euro pro Kilo.“ Es wird also noch ein bisschen dauern, bis die beiden auch diese Spezialität nach Wien bringen.

Bergamotte-Konzentrat

8 Bergamotten, 500g Gelierzucker (2:1). Bergamotten fein schälen, Schalen mit wenig Bergamottensaft 5 min dünsten, mit dem Pürierstab zerkleinern, auskühlen lassen. Den restlichen Saft der Bergamotten zugießen, Zucker dazu, kurz aufkochen und heiß in Gläser füllen. Für diverse Süßspeisen verwenden.

Casa Caria, Schottenfeldgasse 48A, 1070 Wien, Di bis Fr, 11–19 Uhr, Sa, 10–18 Uhr, ✆ 01/522 43 30, casacaria.com. Sa., 30. 1.: Bergamotten-Fest u. a. mit Rezeptaustausch und Kostproben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Themenbild
Gourmet

Die Vielfalt der Zitrusfrüchte

Zitrusfrüchte werden seit 4000 Jahren kultiviert, die Sortenvielfalt ist groß.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.