Der Mittagstisch ist jetzt gesund

Martina Hinterwallner ernährt sich ausschließlich vegan, verzichtet auf Zucker, meidet Kohlenhydrate und trinkt weder Kaffee noch Alkohol. In ihrem Mini-Lokal Delicious beim Wiener Naschmarkt bietet sie Mittagessen nach dem Clean-Eating-Prinzip an.
Martina Hinterwallner ernährt sich ausschließlich vegan, verzichtet auf Zucker, meidet Kohlenhydrate und trinkt weder Kaffee noch Alkohol. In ihrem Mini-Lokal Delicious beim Wiener Naschmarkt bietet sie Mittagessen nach dem Clean-Eating-Prinzip an.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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In Wien häufen sich jene Lokale, die gesundes, ethisch korrektes Mittagessen anbieten – von vegan über Clean Eating bis zur Ayurvedaküche. Ein Überblick.

Jetzt wird es also sauber. Denn nach bio, regional, saisonal, nachhaltig, vegan und Rohkost ist nun mit Clean Eating das nächste kulinarische Schlagwort aufgekommen. Im Gegensatz zu vegan (keine tierischen Produkte) oder der Bio-Zertifizierung (für die es genaue Richtlinien gibt) hat sich für Clean Eating noch keine allgemein gültige Definition durchgesetzt. Grob lassen sich damit aber Speisen zusammenfassen, die aus natürlichen, unverarbeiteten Lebensmitteln (also keine Fertigprodukte) hergestellt werden, die wiederum gesund, sprich reich an Nährstoffen, sind und im Idealfall aus der Umgebung stammen. Selber frisch kochen also (und zwar ohne Einsatz von Convenience-Produkten) statt industrielles Fast Food zu sich zu nehmen. Das erinnert wiederum an die italienische Slow-Food-Bewegung, wobei bei dieser der Genuss und weniger die Gesundheit im Vordergrund steht und auf traditionelle Herstellungsmethoden gesetzt wird.

Aber genug der Begriffsverwirrung, die eigentlich nur deutlich macht, wie weit wir uns beim Essen vom Ursprünglichen entfernt haben. Auffällig ist nämlich nicht nur, dass immer mehr Schlagworte für das (auch im ethischen Sinn) gute Essen gefunden werden. In Wien sprießen derzeit jene Mittagslokale, die ebensolche Speisen anbieten, wie die sprichwörtlichen Schwammerl aus den Boden. Ein Überblick ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Veganen

Die vegane Küche scheint auch in Wien längst die vegetarische abgelöst zu haben. Interessant ist dabei, dass einige Lokalbetreiber, die ausschließlich veganes Essen anbieten, persönlich das aber nicht so streng nehmen und Vegetarier oder sogar Flexitarier sind – sprich hin und wieder Fleisch essen.

So hatte Ulrike Seidler, die im Jänner Uli's Veganeria (Apostelgasse 29–31) eröffnete, ursprünglich vor, auch Vegetarisches anzubieten. „Das hat sich aber als unpraktisch herausgestellt, das bräuchte sehr viel Kommunikation. Ich selbst bin aber keine Veganerin.“ Sie koche in ihrem Lokal einfach so, wie sie das eben tue, nämlich nach der ayurvedischen Küche. Wobei sie das nur wenig kommuniziert, es gehe ihr um eine ausgewogene, bekömmliche Küche.

Das vegane Deli Bluem hat nach seinem Hauptlokal am Hammerlingplatz nun auch eine Dependance im Volkskundemuseum (Laudongasse 15) eröffnet. Museumsbesucher können sich hier also mit Süßkartoffeleintopf, Linsensuppe oder Schoko-Orangen-Mouse aus Seidentofu stärken.

Auch den Dauerbrenner Burger gibt es verstärkt vegan. So hat der Vegan-Pionier Charly Schillinger kurz nach seinem ersten veganen Fast-Food-Lokal, Swing Kitchen, in der Schottenfeldgasse nun auch eine Filiale in der Innenstadt (Operngasse 24) eröffnet.
Dort hat auch das vegane Schnellimbisslokal mit dem verwirrenden Namen I love Veggie Burger (Salzgries 9) eröffnet, das vegane Burger, Wraps und Hot Dogs anbietet.

Die Speziellen

Gesund wollen sie zwar alle sein. Immerhin betonen alle Betreiber, dass sie leichte, gesunde Speisen bieten wollen, nach deren Verzehr eben kein Mittagsschlaf notwendig ist. Einigen von ihnen ist das Gesunde und Ethische aber besonders wichtig.

So etwa Martina Hinterwallner, die in ihrem Mini-Lokal Delicious beim Wiener Naschmarkt (Linke Wienzeile 22) auf Clean Eating setzt. „Bei mir ist alles 100 Prozent vegan, bio, glutenfrei und ohne Zucker“, sagt die frühere Immobilienmaklerin, die selbst ihrem Hund vegane Kost vorsetzt. Sie hat ihre Ernährung aus ethischen Gründen umgestellt, Tier-und Umweltschutz sind ihr wichtig. Sie bietet Speisen wie Schwarzer Quinoa mit Erdnuss-Satay und Koriander um stolze 12,50 Euro (in der Rohkost-Variante gar um 13,50 Euro) an. Regionalität spielt bei ihr kaum eine Rolle. „Ein Kilo Rindfleisch belastet die Umwelt wie eine Autofahrt von 250 Kilometern, da werd' ich wohl noch eine Mango essen können.“

Marc Schweiger, der sommers mit seinem Food-Truck namens Road Crêpe unterwegs ist, hat im November auf dem Meidlinger Markt einen Stand übernommen, in dem er neben Greißler-Produkten auch veganes Mittagessen verkauft. Im Marct Standl wird nach der Fünf-Elemente-Küche gekocht. Er selbst isst übrigens hin und wieder schon auch Fleisch. „Der Markt ist mit Fleisch übersättigt, ich will einfach keines anbieten.“
Besonders schonende Kost gibt es im neuen Familien-Café Mingus (Schottenfeldgasse 73). Hier wird das Mittagessen aus biologischen Zutaten gekocht und – für Kinder – auch in Breiform und ungewürzt serviert.

Eingepackt

Kaum ein Mittagslokal kommt ohne die To-go-Variante aus. So richtig dürften sich die Wiener also noch nicht trauen, in der Mittagspause ihren Arbeitsplatz zu verlassen. Da eignet sich Finger Food, das selbst im Gehen verspeist werden kann, offenbar besonders gut. Derzeit ist offensichtlich Essen in kleinen Fladenbroten, also Pita, in Mode. Der israelische Gastronom Eyal Shani hat mit seiner jungen Pita-Kette Miznon nun auch Wien erobert, ausgerechnet im ehemaligen Dom Beisl (Schulerstraße 4).
Ihm folgte der Hungry Guy (Rabensteig 1), der ebenso lieber Fish & Chips, Brathuhn, Kalbfleisch oder Gemüse statt der Falafel in einer Pita kredenzt.

Auch süß

Süßes passt zwar auf den ersten Blick nicht unbedingt zur gesunden Mittagspause. Ein paar Neueröffnungen zeigen aber, dass sich das kombinieren lässt. Die Damen, die zuvor mit ihrer Guerilla Bakery vorwiegend auf Pop-up-Veranstaltungen anzutreffen waren, sind nun sesshaft geworden (Favoritenstraße 7) und bieten neben Kuchen oder Muffins eben auch Rote-Rüben-Birnen-Quiche oder (Achtung Fleisch) Pastramisandwich an.

Der französischen Lebensart, und damit auch der Patisserie, wird im kleinen Midi (Hoher Markt 5) gehuldigt. Auch hier wird zu Mittag gern Fleisch serviert, etwa Boeuf Bourguignon, aber auch stets eine vegetarische Variante.

Im Strudls (Siebensterngasse 58) setzt man auf ebensolche, in der süßen (z. B. Bratapfel) wie pikanten Variante (z. B. Blaukraut).

Länger offen

Mehr als nur Mittagessen bieten diese drei Lokale. Julia Kutas hat bereits vor sechs Jahren mit ihrer – durchaus empfehlenswerten – Hidden Kitchen im ersten Bezirk das Bedürfnis nach einem guten, gesunden Mittagessen gestillt. Sie hat das von ihren früheren Wohnorten – London und New York – mitgenommen. Kürzlich hat sie im dritten Bezirk mit dem Hidden Kitchen Park (Invalidenstraße 19) ein größeres Lokal eröffnet, in dem es auch Frühstück und Brunch gibt.

Frühstück gibt es auch in dem Lokal Die Liebe (Siebensterngasse 21), das in einer Markthalle untergebracht ist. Das hat ebenso wie das Café Otto Bauer (Otto-Bauer-Gasse 13) auch abends geöffnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2016)

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