Rio: Vom Großstadtdschungel an den Strand

Erfolg. Das Epice in São Paulo wurde mit einem Stern ausgezeichnet.
Erfolg. Das Epice in São Paulo wurde mit einem Stern ausgezeichnet.(c) Beigestellt
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Aufbruchstimmung in Rios Gastro-Szene – rechtzeitig zu den Olympischen Spielen: Etwa dank Alberto Landgraf mit seinen Gerichten aus Mandioquinha, Tucupi und Farofa.

São Paulo arbeitet. Rio liegt am Strand. Ein Klischee zweifellos, doch es bringt den Unterschied zwischen den beiden größten Städten Brasiliens ganz gut auf den Punkt. Doch so verlockend die Vorstellung vom entspannten Leben an Rios Traumstränden auch sein mag – in mancher Hinsicht hat São Paulo seit jeher die Nase vorn. Wenn es ums Essen geht, stellte die Restaurantszene von São Paulo jene von Rio de Janeiro – zumindest bis vor Kurzem – meilenweit in den Schatten.

Wo den ganzen Tag gearbeitet wird, haben die Leute auch genug Geld, um sich am Abend einen feinen Restaurantbesuch zu leisten. Als kommerzielles Epizentrum des Landes verfügt São Paulo über eine bessere Infrastruktur und eine lebendigere Kulturszene. Dieses Übermaß an Kapital und Kreativität befeuert auch die Gastronomie. Kein Wunder, dass die ersten spannenden Restaurants mit einer modernen, eigenständigen brasilianischen Küche (D.O.M., Maní, Brasil a Gosto, Mocotó) hier entstanden. Auch für Sternekoch Alberto Landgraf war es nach seinen Lehrjahren in Europa klar, dass er sein Glück in São Paulo und nicht in Rio de Janeiro oder gar in seiner verschlafenen Heimat Paraná versuchen würde.

Vision. Alberto Landgraf möchte Rios Gastro-Szene bereichern.
Vision. Alberto Landgraf möchte Rios Gastro-Szene bereichern. (c) Beigestellt

Schüler bei großen Meistern. „Nach der Schule schickten mich meine Eltern nach London, um ordentlich Englisch zu lernen. Ich wusste nicht so recht, was ich beruflich machen sollte, und jobbte nebenher in der Küche eines Pubs, um ein bisschen Geld zu verdienen. Das Essen war zwar schrecklich, aber ich liebte die Arbeit in der Küche“, sagt Alberto Landgraf über seine erste Erfahrungen als Koch. Sein Geld gab er in richtigen Restaurants aus, nicht nur in London, sondern in ganz Europa.

„Damals kamen die Billigfluglinien auf. So konnte ich für wenig Geld nach Paris, Barcelona oder Madrid fliegen. Ich wurde richtiggehend süchtig nach gutem Essen.“ Es gelang ihm, bei Gordon Ramsay und später bei Pierre Gagnaire in Paris zu arbeiten. Sein Ziel war klar: Irgendwann wollte er in seiner Heimat einmal selbst ein Restaurant führen und zwar ein richtig gutes.

Zurück in Brasilien heuerte er zunächst bei einer großen Restaurantkette an, bei der er als Manager vor allem für Neueröffnungen verantwortlich war. „Erstens hatte ich kein Kapital für ein eigenes Restaurant und zweitens wollte ich zuerst etwas über den Businessaspekt der Gastronomie lernen. In London hatte ich gesehen, dass nur gut zu kochen zu wenig ist, um ein erfolgreiches Lokal zu führen“, sagt Landgraf.

Nach vier Jahren war es schließlich so weit und er konnte in São Paulo das Epice eröffnen. Der französisch anmutende Name war bewusst gewählt. Sein Lokal erinnerte an ein modernes Pariser Bistro, statt teure Filets kochte er lieber mit Innereien.
In der Küche scharte Landgraf nur junge Köche um sich, denen er seine Philosophie einer attitüdefreien, produktfokussierten Küche nahebringen konnte. Alles lief bestens, und als vergangenes Jahr der erste brasilianische „Guide Michelin“ erschien und das Epice auf Anhieb einen Stern erhielt, schien Landgraf endgültig am Ziel zu sein. Umso verwunderlicher also, dass er vor wenigen Wochen sein Lokal zusperrte, um nach Rio de Janeiro zu übersiedeln. Auch wenn der unmittelbare Anlass privater Natur ist – seine Freundin ist ebenfalls Köchin und führt ein vegetarisches Lokal in Rio –, sieht er auch geschäftlich die Zeit reif, um in Rio de Janeiro mit einem anspruchsvollen Restaurant zu reüssieren.

Lokal. Mandioquinha-Püree mit  Pulver aus geräucherten Garnelen.
Lokal. Mandioquinha-Püree mit Pulver aus geräucherten Garnelen. (c) Beigestellt

Stadt im Aufbruch. Noch vor ein paar Jahren war Rio eine kulinarische Wüste. Die besten Restaurants boten eine belanglose International Cuisine und befanden sich in Luxushotels. Spannende brasilianische Gerichte bekam man dort nicht. Erst in den vergangenen drei, vier Jahren haben sich in Rio auch eigenständige Restaurants wie das Lasai oder das Roberta Sudbrack etablieren können, die mit modernen Küchentechniken und brasilianischen Aromen überzeugen.

„Die Zeit ist reif, auch weil Rio in den vergangenen Jahren immer internationaler geworden ist und mit den Investitionen für die Fußball-WM und die Olympischen Spielen eine Aufbruchstimmung erlebt.“
Sein neues Lokal soll rechtzeitig vor den Olympischen Spielen eröffnen. Das kulinarische Match zwischen São Paulo und Rio de Janeiro stand – in „Michelin“-Sternen ausgedrückt – zuletzt neun zu sechs. Mit der Übersiedlung Landgrafs und der neuen Dynamik Rios könnte sich das Blatt bald wenden.

Tipp

Alberto Landgraf stellte seine zeitgemäße brasilianische Küche anlässlich der Eröffnungs der Nespresso Gourmet Weeks in Wien vor. Bei den Nespresso Gourmet Weeks (22. 2.–20. 3.) nehmen heuer zum achten Mal Haubenlokale aus ganz Österreich mit Menüs zu Fixpreisen teil (von 17 bis 59 Euro), darunter auch die Saziani Stub’n, Döllerer oder die Brüder Obauer. Alle Infos auf www.gourmetweeks.at

Verlosung. Das „Schaufenster“ verlost 2 x 2 Karten für die Nespresso Gourmet Weeks:
schaufenster.diepresse.com/gewinnspiele

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