Der neue Wein-Wirt im Achten

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Symbolbild.(c) FABRY Clemens
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Hermann Botolen ist einer der alten Garde. Manche neuen Lokale versteht der Sommelier nicht unbedingt. Nun geht er unter die Wirte.

Gebackene Ameisen oder Heuschrecken soll es nicht geben, versichert Hermann Botolen (auf Gebackene Mäuse indes darf man hoffen). „Wir werden hier auf jeden Fall österreichische Küche machen.“ Was aber nicht heißt, dass es nicht auch einmal ein Steinbutt sein darf, wenn der Fischhändler anruft und von einem verfügbaren Prachtexemplar berichtet, oder Risotto, „und wenn ich einmal Austern anbieten will, gibt es eben Austern“. Hermann Botolen, wohl einer der maßgeblichen Sommeliers des Landes, ist heute Wirt. Er machte das ehemalige Hohensinn in der Fuhrmannsgasse im achten Bezirk zum Fuhrmann. Sein Vorgänger an dieser Stelle, der vor allem für seine Innereiengerichte bekannte Josef Hohensinn, war mit Ende 2015 nach Bayern gegangen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten einigte man sich doch auf die Übergabe, und am letzten Öffnungstag des Hohensinn im Dezember half Botolen angesichts des hohen Andrangs aus.

Der neue Wirt in spe ließ einiges an Altlasten abtransportieren und hellte das Lokal mithilfe seiner Frau, Barbara, insgesamt auf. Es solle keineswegs ein Lokal sein, das sich wichtigmacht, spielt er auf andere Restaurants mit ungleich glänzenderem Outfit an, „die Leute sollen keine Angst haben, dass sie 30 Euro für die Hauptspeise zahlen“. Mit der Liebe zum Wein infiziert wurde Hermann Botolen im Altwienerhof, wo der legendäre Rudi Kellner und Sommelier Karl „Charly“ Seiser (der sich 2005, im gleichen Jahr, als auch Kellner starb, das Leben genommen hat) den jungen neuen Mitarbeiter mit ihrer Expertise und Leidenschaft überwältigten.

„Ich bin immer wieder nach Hause gekommen und war völlig baff, was die beiden über Wein erzählen konnten. Ich dachte mir immer nur, woher bitte wissen die das alles?“ Heute ist Botolen selbst einer, der über Wein erzählen kann. Er war Sommelier und Restaurantleiter im Meinl am Graben – sowohl mit Christian Petz als auch mit Joachim Gradwohl als Küchenchef – und zuletzt im Dombeisl, wo Thomas Wohlfarter kochte. Nachfolger an dieser Adresse hinter dem Stephansdom ist das wilde israelische Lokal Miznon.

„Da bin ich reingegangen und gleich wieder raus. So laut!“ Es ist eines jener Lokale, das Hermann Botolen einmal mehr klarmacht, dass er eher zur konservativen Garde gehört – womit er an sich kein Problem hat, aber manchmal, gibt er zu, werde er schon nachdenklich. „Bin ich so altmodisch, oder warum lasse ich das nicht an mich heran?“ Er ist aber nicht so konservativ, dass er seine Weinkarte nicht zu einem beträchtlichen Teil mit den im Aufwind begriffenen Naturweinen bestücken würde. Botolen findet nicht, dass ein Lokal mit österreichischer Küche vor allem österreichische Weine führen muss. „Ich finde es gut, etwas anders zu machen. Den französischen Weinen gilt meine große Liebe, da kenne ich mich aus, darauf baue ich.“ Frankreich – „siebzig Prozent“ –, Österreich und Deutschland seien die Herkunftsländer, ausschließlich. Was brauch ich einen kalifornischen Alibiwein?“ Freilich hat er, der auch Raritätenverkostungen veranstaltet, so manchen großen italienischen Wein aus seinem Fundus im Keller, „für die Freaks. Aber nicht auf der Karte“.

„Wenige können, was ich brauche“

Vorbild bei der Küchenlinie ist Josef Floh in Langenlebarn, und praktischerweise konnte sich Botolen Sascha Hoffmann aus dessen Küche angeln. „Es gibt nicht mehr viele junge Köche, die das können, was ich brauche“, sagt Botolen über die Phase der Bewerbungsgespräche, die mit vielen Telefonaten mit Gastronomen einherging. „Helmut Österreicher hat gesagt, ich weiß genau, was du suchst, aber das gibt es heute fast nicht mehr.“

Zur Person

Hermann Botolen startete seine Karriere in den 1980ern im Parkhotel Schönbrunn. Im legendären Altwienerhof wurde er mit dem Weinfieber angesteckt. Botolen arbeitete im ersten Wein & Co in der Habsburgergasse und war jahrelang Restaurantleiter und Sommelier im Meinl am Graben. Seine letzte Station vor dem eigenen Wirtshaus war das Dombeisl. Hermann Botolen ist bei „Gault Millau“ Sommelier des Jahres 2016. Seit gestern hat sein Wirtshaus offen: Fuhrmann, Fuhrmannsgasse 9, 1080 Wien. Tel.: 01/944 43 24, Mo–Fr, 11.30–14.30 und 18–23.30 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.03.2016)

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