Gastronomie: Der Kampf der Spitzenköche

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Haubenkoch Heinz Hanner hat sein Restaurant in Mayerling geschlossen. Ein Einzelschicksal oder symptomatisch?

Wien. Für die einen ist es ein Einzelschicksal, die anderen deuten es als schlechtes Omen für die heimische Spitzengastronomie. Heinz Hanner hat dieser Tage sein nach ihm benanntes Gourmetrestaurant in Mayerling (inklusive Seminarhotel) geschlossen, wie das Magazin „Falstaff“ berichtet. Der mehrfach ausgezeichnete Koch (vier „Falstaff“-Gabeln, drei „Gault-Millau“-Hauben und vier Sterne bei „A la Carte“) begründet den Schritt mit „restriktiven Einsparungen beim Großteil der heimischen Unternehmen in Bezug auf Essenseinladungen von Kunden und Geschäftspartnern“ und einer „völlig überzogenen Auslegung der neuen Compliance-Regeln“. Die Hälfte der Geschäftskunden sei dadurch ausgefallen, von Privatkunden am Wochenende allein könne man nicht leben.

„Falstaff“-Herausgeber Wolfgang Rosam spricht gegenüber der „Presse“ von einem Paradigmenwechsel in der Branche. „Diese Art der Betriebe tut sich schwer“, meint Rosam. „Es werden einige, ganz wenige Topbetriebe auf dem Land überleben, wie das Landhaus Bacher, wo aber auch die ganze Familie im Betrieb arbeitet.“ Oder die Restaurants lägen in der Stadt, „dann geht es auch“. Auch, dass das Restaurant Taubenkobel im burgenländischen Schützen am Gebirge kurz vor Weihnachten den Betrieb geschlossen hat (und stattdessen ein Pop-up-Restaurant in Wien betrieben hat), sei für ihn ein Zeichen dafür, dass klassische Geschäftsessen, wie eben auch Weihnachtsfeiern, weniger werden. „Für Feinschmecker sind das keine rosigen Zeiten, wieder ein Kreativer weniger“, sagt Rosam.

Gutbürgerliche Küche boomt

Wobei nicht jeder in der Branche diese pessimistische Sichtweise teilt – immerhin jubelt so gut wie jeder heimische Gourmetführer Jahr für Jahr über die wachsende Zahl an (sehr) guten Restaurants. „Das ist ein Einzelschicksal. Es hat sehr lange keinen Ausfall in der absoluten Spitzengruppe gegeben“, sagt „A la Carte“-Herausgeber Christian Grünwald über das Hanner. Es habe bei dem Betrieb seit dem letzten Umbau immer wieder finanzielle Probleme gegeben. Teils werde auch gemunkelt, dass es nicht alle Gäste schätzten, wenn ein Spitzenkoch zu oft auf Society-Events auftauche. Grünwald glaubt nicht, dass das Aus nur an den strengen Compliance-Regeln liegt. „Diese spürt die Gastronomie schon seit sechs, sieben Jahren.“ Er vergleicht die Spitzengastronomie eher mit Hochleistungssport. „Irgendwann hat man die Sache hinter sich.“ Hanner selbst war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Tatsächlich fällt aber seit Jahren auf, dass Restaurants mit einfacher oder gutbürgerlicher Küche gut funktionieren. Das zeigt einerseits der Beislboom, der seit 2008 anhält. Andererseits setzen immer mehr gehobene Restaurants auf eine einfachere, preiswertere Schiene. Heinz und Birgit Reitbauer machen das seit jeher mit ihrer Meierei im Stadtpark vor – neben dem auch international anerkannten Steirereck. Auch der Taubenkobel fährt mit der Greißlerei eine einfachere Schiene, ebenso wie die Familie Döllerer, die im Salzburger Golling neben ihrem Restaurant unter anderem auch ein Wirtshaus betreibt. Der deutsche Sternekoch Juan Amador hat unlängst in Wien Grinzing neben seinem Fine-Dining-Restaurant (das er Amadors Wirtshaus nennt) auch eine Greißlerei miteröffnet. Während in Amadors Wirtshaus ein Sechs-Gänge-Menü um 125 Euro serviert wird, wird in der Greißlerei einfacher gespeist.

Und selbst das Luxushotel Park Hyatt in der Wiener Innenstadt hat unlängst aus seinem Restaurant The Bank eine Brasserie & Bar gemacht, in der nicht nur Kaviar und Gänseleber, sondern auch Schnitzel und Gulasch serviert werden. Offen ist, was nun mit der Immobilie in Mayerling passiert. Laut „Falstaff“ ist sie zum „Schnäppchenpreis“ von drei Millionen Euro zu haben. Eine Schönheitsklinik und ein Coaching-Zentrum hätten Interesse bekundet – Gastronomen hingegen nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.05.2016)

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