Steirereck: "Ehevertrag mit dem Genuss"

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter inmitten der zehn Spitzenköche in der Küche des Steirerecks.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter inmitten der zehn Spitzenköche in der Küche des Steirerecks.Stanislav Jenis
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Am Samstag wurde im Restaurant Steirereck im Wiener Stadtpark die neue "Charta Kulinarisches Österreich" präsentiert – stilecht mit Menüs aus jedem Bundesland.

Wenn es um legendäre Zitate rund ums Essen und Trinken geht, kann man bekanntlich aus dem Vollen schöpfen. Ein dankbarer Einstieg in eine sonst undankbare Moderation, dachten sich wohl die Schauspieler Kristina Sprenger und Peter Faerber und übertrafen einander mit einem regelrechten Feuerwerk an mehr oder weniger originellen Sprüchen von berühmten Persönlichkeiten – etwa vom italienischen Opernsänger Luciano Pavarotti („Kochen ist eine Kunst und keineswegs die unbedeutendste“), vom französischen Literaten François de La Rochefoucauld („Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst“) oder vom österreichischen Schauspieler Max Böhm („Besser zu viel gegessen als zu wenig getrunken“). Der deutsche Komiker Bernd Stelter soll einen Restaurantbesuch sogar einmal mit der Ehe verglichen haben: „Man denkt immer, man hat das Beste gewählt, bis man sieht, was der Nachbar bekommt.“

„Kulinarischer Weg: Österreich“

Anlass dieses bizarren Einstiegs in eine Veranstaltung war die Präsentation der „Charta Kulinarisches Österreich“, die unter dem Motto „Unser kulinarischer Weg: Österreich“ am Samstagvormittag im Restaurant Steirereck im Wiener Stadtpark unter anderem von Wirtschafts- und Tourismusminister bzw. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sowie Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter unterschrieben wurde – „als Startschuss zur Positionierung österreichischer Kulinarik an der Weltspitze“, wie betont wurde.

„Österreichs Kulinarik hat viel zu bieten und wird gerade für das Tourismusland Österreich immer bedeutender“, sagte Mitterlehner. „Umso wichtiger ist es, dass wir heimische Lebensmittel und gastronomische Spitzenleistungen noch stärker in die Auslage stellen.“ Von den 135 Millionen Nächtigungen pro Jahr in Österreich komme mindestens jeder zweite Gast wegen der kulinarischen Angebote. Daher sei es höchste Zeit gewesen, diese Charta ins Leben zu rufen, um Österreich „weltweit als Topnation“ zu positionieren. „Ich wundere mich eigentlich nur, warum wir das nicht schon früher getan haben“, meinte Mitterlehner. „Denn von dieser Qualitätsmitgliedschaft profitieren Produzenten ebenso wie Konsumenten.“

„Reichtum der Regionen“

Mit der „Charta Kulinarisches Österreich“ werde der „Reichtum der Wiener Küche mit dem Reichtum der Regionen in Österreich unter ein Dach gebracht“, fügte Rupprechter hinzu. Auf seine Initiative hin wurde die Charta erarbeitet. „Gäste aus aller Welt sollen dafür begeistert werden, in Österreich Gastfreundschaft, Kulturlandschaft und Genuss regionaler Lebensmittel zu erleben“, sagte Rupprechter. „Unsere Spezialitäten aus bäuerlicher Produktion genießen hohes internationales Ansehen.“ Die „breite Palette an traditionellen Produkten und Gerichten“ mache Österreich zu einem einzigartigen Genussland mit weltweiter Vorbildwirkung.

Dass sich die „breite Palette“ am Samstag fast ausschließlich auf Fleisch- und Fischgerichte beschränkte, bekamen die Vegetarier unter den rund 100 geladenen Gästen beim anschließenden Zehn-Gänge-Menü schmerzlich zu spüren. Zubereitet wurden sie von Spitzenköchen aus allen Bundesländern (zwei aus Niederösterreich) – darunter Thorsten Probost, Josef Steffner, Hubert Wallner, Philip Rachinger, Richard Rauch, Josef Floh, Thomas Dorfer, Max Stiegl, Gastgeber Heinz Reitbauer und Paul Ivic – Letzterer (Österreichs erster vegetarischer Drei-Hauben-Koch aus Tirol) verzichtete bei seiner Kreation „Naturverbunden“ als Einziger auf Fisch und Fleisch.

Moderator Faerber versuchte vergeblich zu beschwichtigen. Manche Vegetarier würden Fisch ohnehin als Gemüse betrachten, sagte er und erntete ziemlich pikierte Blicke einiger Gäste, ehe wieder die Unterzeichner der Charta zur Tat schritten und laut Faerber einen „Ehevertrag mit dem Genuss“ eingingen. „Seit Jahren liegen mir höchster Genuss, Gastlichkeit und regionale Lebensmittel ausgezeichneter Qualität am Herzen“, meinte etwa Ferry Maier, Präsident des Kuratoriums Kulinarisches Erbe Österreich, das unter anderem das Genussfestival im Stadtpark organisiert. „Mit unserem kulinarischen Engagement versuchen wir, der Globalisierung des Geschmacks entgegenzuwirken.“ Das Kuratorium wolle stattdessen die „Besonderheit des kulinarischen Erbes Österreichs“ nützen und die Welt von dessen Einzigartigkeit überzeugen. „Diese Charta und eine Bündelung aller Kräfte sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

Zehn Millionen Gäste

Urlaub in Österreich sei untrennbar mit der österreichischen Kulinarik verbunden, sagte Petra Stoiba, Geschäftsführerin der Österreich Werbung. Für rund zehn Millionen Gäste seien die „regionalen Speisen und Getränke“ ein entscheidender Grund, den Urlaub in Österreich zu verbringen. Für Vizekanzler Mitterlehner waren sie am Samstag ein Grund, etwas länger zu bleiben als geplant. Als er kurz nach Mittag von einem Begleiter daran erinnert wurde, dass sie langsam aufbrechen müssten, bat er ihn, noch ein wenig zu bleiben, es sei „so nett hier“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2016)

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