Die Finanzberaterin, die Ziegenkäse macht

Monika Liehl verarbeitet zwei Mal täglich Rohmilch zu Topfen, Frischkäse oder Schnittkäse.
Monika Liehl verarbeitet zwei Mal täglich Rohmilch zu Topfen, Frischkäse oder Schnittkäse.Die Presse/Clemens Fabry
  • Drucken

Die Wienerin Monika Liehl hat nach der Finanzkrise auf Ziegenbäuerin umgesattelt. Heute hält sie 22 milchgebende Ziegen in Parndof, produziert Käse und betreibt den Markt der Erde.

Manchmal werden Klischees Wirklichkeit. Etwa jenes von der Finanz- und Vermögensberaterin, die nach der Wirtschaftskrise genug hat von der materiellen Welt, vom Geld und der Frage, wie man es möglichst schnell und einfach vermehren kann. Und die sich dann stattdessen anderen Dingen widmet. Ziegen zum Beispiel. Und mit ihnen der Frage, wie man ein Lebensmittel herstellt, das einen Wert hat.

So kitschig das klingen mag, manchmal passiert eben genau das. Monika Liehl ist es so ergangen. Die Wienerin war in ihrem früheren Leben als Finanzberaterin tätig. „Man kann noch so gut beraten, man kann in diese Produkte nicht hineinschauen. Damit konnte ich nicht mehr leben“, sagt Liehl. Heute lebt sie hingegen in einem alten, behutsam sanierten burgenländischen Streckhof. Mit ihrem Mann, ihrem Sohn, 22 milchgebenden Ziegen, ein paar Böcken, „die bald in den Ziegenhimmel kommen“, ein paar Zwerghühnern, die gerade Junge bekommen haben, Enten, einem Hund und zwei Katzen – wegen der Mäuse „die wichtigsten Mitarbeiter am Hof“. Zwei Mal am Tag melkt Liehl ihre Ziegen und zwei Mal am Tag stellt sie Käse aus der noch melkwarmen Rohmilch her – Topfen, Frischkäse, Weichkäse, hin und wieder auch Hartkäse.

„Ich habe schon immer Ziegen gemocht, die sind so witzig und eigenwillig“, sagt Liehl. Den burgenländischen Streckhof hat ihr Mann, ein Jurist, einst von den Großeltern geerbt. Früher einmal war hier auch eine Landwirtschaft, mit Schweinen, Kühen, Pferden, Feldern, einem kleinen Weingarten, Obstbäumen und Gemüse.

Anfangs wurde der Hof von den jetzigen Besitzern nur als Wochenendhaus genutzt. „Dafür ist er viel zu groß, das ist viel Arbeit“, sagt Liehl. Mit der Wirtschaftskrise hat sie ihren Job aufgegeben und umgedacht. Anfangs nahm ihr Mann die neuen Pläne nicht ernst. Irgendwann standen dann aber zwei trächtige Ziegen unter dem Weihnachtsbaum. „Ich habe viel gelernt, als Neuling kriegt man natürlich nicht die besten Ziegen. Kein Hof gibt die besten Tiere her.“ Schon bald wuchs die Herde, zu den Landrassen kamen bald steirische Scheckenziegen dazu. „Ich wollte eine aussterbende Rasse haben.“ Auch Saanenziegen finden sich in der Herde. „Das ist eine gängige Milchziegenrasse, die geben bis zu sechs Liter Milch am Tag, das ist sehr viel. Eine gute Milchziege einer anderen Rasse gibt drei bis vier Liter, ein Schaf nur einen bis eineinhalb.“

Im Keller des Wohnhauses hat sich Liehl eine kleine Käserei eingerichtet. Bevor sie mit der Produktion begonnen hat, hat sie einem Senner in Vorarlberg über die Schulter geschaut und auch im Kompetenzzentrum für Lebensmitteltechnologie (LMTZ) Wieselburg Kurse belegt. „Ich bin aber der Meinung, dass jeder seinen eigenen Käse finden muss.“ Für sie selbst ist klar, dass sie nur Käse aus melkwarmer Milch machen will. „Deshalb muss ich sie ja sofort verarbeiten, weil sonst müsste ich sie wieder erhitzen.“ Pasteurisierte Milch kommt ihr nicht ins Haus. „In der Rohmilch sind Enzyme, die die Milch verträglich machen. Beim Erhitzen gehen diese Enzyme verloren. Es gibt Studien, dass die Unverträglichkeiten damit zusammenhängen können. Wenn man einem Tier pasteurisierte Milch gibt, stirbt es,“ meint Liehl.

Saure Milch

An die 40 Liter Milch verarbeitet sie jeden Tag (in der Saison zwischen März und November) zu vier bis sechs Kilogramm Käse. Größer soll ihre Herde nicht werden, sonst würde die Käserei nicht mehr funktionieren. Die Milch wird also gleich nach dem Melken mit Milchsäurebakterien versetzt. „Früher hat man Käse gemacht, indem man Milch einfach stehen hat lassen, das war aber nicht immer sauber. Letztendlich ist Käse immer verdorbene Milch.“ Die weiteren Arbeitsschritte sind davon abhängig, welche Sorte, also ob Topfen, Frischkäse oder Hartkäse auf dem Programm stehen. „Topfen ist das Einfachste, den muss man eigentlich nur 24 Stunden stehen lassen.“

Beim Frischkäse hingegen kommt etwa nach einer Stunde, in der die Milchsäurebakterien arbeiten konnten, Labextrakt (aus pulverisierten Kälbermägen) dazu. Dann wird mit einem großen Schneebesen umgerührt, danach darf die Milch nicht mehr bewegt werden. Erst nach Stunden wird der Käse dann vorsichtig geschnitten. Je nach gewünschter Konsistenz wird stärker geschnitten. „Bei Hartkäse wird mehr geschnitten, damit viel Molke heraustritt und er fester wird.“ Je nach Rezeptur kann das Schneiden, in Formen füllen, abtropfen lassen, regelmäßig umdrehen und anschließend in eine Salzlacke legen, Stunden bis Tage dauern. Im Schnitt ist Käse in zwei Tagen fertig. Am Ende bleibt meist viel Molke und wenig Käse über. Die Ausbeute liegt, bezogen auf Frischkäse, bei 20 bis 25 Prozent, bei Hartkäse gar nur bei elf Prozent. Für Monika Liehl ist das genug.

Ziegen

Ziegenliebe. Monika Liehl bewirtschaftet im burgenländischen Parndorf einen Hof mit derzeit 22 Ziegen. Sie verkauft Rohmilch, Topfen, Frischkäse, Weich- und Hartkäse aus Ziegenrohmilch ab Hof und am von ihr initiierten Markt der Erde. Kontakt: Friedhofstraße 10, 7111 Parndorf, Tel.: 0699/189 800 10, www.ziegenliebe.at

Markt der Erde. Der Markt der Erde (in Kooperation mit Slow Food) findet jeden ersten und dritten Samstag im Monat in Parndorf statt (9 bis 14 Uhr). Nächster Termin: 4. 6. zum Thema Kirschenlust, Schulgasse 1g, 7111 Parndorf, Infos und Programm unter www.marktdererde.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Ziegen
Gourmet

Ziegenmilch und Kitzfleisch boomen

Die Zahl der Ziegen steigt, Handelsketten wünschen sich noch mehr Ziegenmilch.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.