Wenn der Wein mit der Post kommt

 Bernhard Moss (l.) und Philipp Geymüller in ihrem Abothek Point im Theatercafé am Wiener Naschmarkt. Im Vordergrund zu sehen ist die charakteristische Abothek-Verpackung.
Bernhard Moss (l.) und Philipp Geymüller in ihrem Abothek Point im Theatercafé am Wiener Naschmarkt. Im Vordergrund zu sehen ist die charakteristische Abothek-Verpackung.Die Presse/Clemens Fabry
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Philipp Geymüller und Bernhard Moss wollen mit der Abothek und der dazugehörigen Bodenstation zur Demokratisierung des Weins beitragen.

Die Kunst führte sie zusammen. Besser gesagt, der Zufall und gemeinsame Freunde. Der Werbeagenturbesitzer Bernhard Moss und der studierte Wirtschaftswissenschaftler Philipp Geymüller stolperten vor zwei Jahren erstmals bei der Art Basel in Miami übereinander und entdeckten, dass sie eine ähnliche Geschäftsidee hatten. Obst, Käse, Brot – alles Mögliche könne man bereits per Abonnement nach Hause bestellen, warum eigentlich nicht auch Wein?

Sie tüftelten also an ihrer Idee für ein Wein-Abonnement, trafen Winzer, feilten an einer Idee für Verpackung und Werbelinie – und legten vor wenigen Wochen mit ihrer Abothek los. Der Abonnent bekommt drei Flaschen Wein für 33 Euro pro Monat nach Hause geliefert, verpackt in einer dezent gestalteten Box. Wer sich länger bindet, zahlt ein bisschen weniger. Jedes Abo-Kistl widmet sich einem bestimmten Thema. Im Juni ging es um Winzerpersönlichkeiten aus Österreich wie Erich Machherndl, Judith Beck und Claus Preisinger. Das Juli/August-Kistl enthielt Sommerweine aus dem Süden, die man bislang in Österreich nicht kaufen konnte: Ein Grignolino aus dem Piemont, ein fruchtig-nussiger Friulano aus dem Friaul und ein trockener Schaumwein aus Penedès, der bekanntesten Weinregion Kataloniens. Für den Herbst ist ein Frauenpaket mit drei heimischen Winzerinnen geplant.

Moss und Geymüller wollen vor allem Kunden ansprechen, „die per se ein Weininteresse, aber wenig Zeit haben und sich nicht gut auskennen“. Sie nennen sich selbst „durchaus trinkfreudig“ und wollen als Wein-Kuratoren eine Orientierung für das viel zu große Angebot an Weinen im Internet und in Fachgeschäften geben und so zur „Demokratisierung des Weines“ beitragen. Außerdem sollen auch unbekannte Winzer vorgestellt werden, die Weine werden „meistens bio und abseits des Mainstreams sein“. Ausgeliefert wird das Kistl mit dem flüssigen Inhalt stets in der ersten Monatshälfte.

Eine „Tränke“ am Naschmarkt

Kosten und kaufen kann man die Weine aus dem Kistl auch in ihrer ebenfalls neu eröffneten Bodenstation, die sie im hinteren Teil des Theatercafés am Wiener Naschmarkt eingerichtet haben. Das Abothek Point kehrt (wie das Theatercafé) Anfang September aus der Sommerpause zurück. Und zwar mit Kunst-Events und Ausstellungen, die dort regelmäßig stattfinden sollen. Denn hier kommt die Kunst, die die beiden zusammenbrachte, wieder ins Spiel. „Wein ist Kunst und ohne Kunst gibt es keinen Wein“, sagt Geymüller. Diese Einstellung spürt man schon bei der Umsetzung des Produkts. Die befreundete Künstlerin Luise Hardegg schoss die ironisch geprägten Sujets für die Abothek-Werbelinie. Der Künstler Nick Oberthaler gestaltete die Kistln, angelehnt an die Formen des Flaggenalphabets. „Point“, der Beiname der Abothek-Bar, ist übrigens eine alte deutsche Bezeichnung für einen abgegrenzten Bereich in Weinlagen, in dem Schafe und Ziegen ihr Nachtlager hatten. Konsequenterweise meinen die beiden: „Es ist wichtig, eine Basis bei so einem Projekt zu haben.“

Knapp drei Monate nach dem Start sagen die beiden, sie seien überrascht, wie gut die Anlaufphase begann, geben aber zu: „Die härtesten Abos waren die ersten 30.“ Sie sind hörbar stolz, ihr Angebot ganz ohne Sponsoren und Interessenvertretung aufgebaut zu haben. Und sie betonen: „Das, was wir da machen, ist kein Hobby.“

Dass es Philipp Geymüller nach dem Studium in London und St. Gallen und einer Station bei der Denkfabrik Agenda Austria nun ins Weingeschäft zog, überrascht Freunde wenig. Seine familiären Verbindungen zum Winzergeschäft sind bekannt. Die Weingärten der Domäne Baron Geymüller in Hollenburg rund um das 1823 von Johann Jakob Baron Geymüller erbaute Schloss sind allerdings seit 1990 verpachtet, der Presskeller des Schlosses ist zu einer Galerie umfunktioniert. Aber Philipp Geymüller sagt, die Beschäftigung mit dem Wein sei ihm quasi in die Wiege gelegt worden.

AUF EINEN BLICK

Im Juni starteten Philipp Geymüller und Bernhard Moss ihre Abothek. Im Abo-Kistl bekommt man einmal im Monat drei thematisch zusammengestellte Flaschen Wein nach Hause geschickt (33 Euro). Den Wein kann man auch im neu eröffneten Abothek Point im Theatercafé kaufen (Linke Wienzeile 6, Eingang Millöckergasse), das derzeit in der Sommerpause, ab 7. 9. aber wieder geöffnet ist. Öffnungszeiten: Mi–Fr, ab 19 Uhr.

Web:www.abothek.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2016)

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