Nur der ist den Franzosen recht

Senfsamen
Senfsamen(c) Stanislav Jenis
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Dijonsenf kommt nicht mehr aus Dijon – und birgt politische Sprengkraft.

Nur der ist den Franzosen recht – zumindest lautet so der Werbeslogan für eine der bekanntesten französischen Sorten von Dijonsenf („Il n'y a que Maille qui m'aille“). In Dijon wird dieser allerdings schon seit einigen Jahren nicht mehr hergestellt. Nachdem der Senfhersteller Amora-Maille vom Lebensmittelkonzern Unilever übernommen wurde, sperrte dieser im Jahr 2009 die letzte von einst mehreren Dutzend Senffabriken in Dijon zu – und verlegte die Produktion aus Kostengründen nach Chevigny, einen Vorort fünf Kilometer vor der Burgunderstadt.

Dijonsenf darf der scharfe Tafelsenf trotzdem heißen: Seit einem Rechtsstreit zwischen Pariser und Burgunder Senfherstellern im Jahr 1937 ist nämlich klar: „Moutarde de Dijon“ ist keine geschützte Herkunftsbezeichnung – sondern ein Rezept. Verwendet werden für diesen Senf nur die besonders scharfen braunen oder schwarzen Senfkörner. Und die Besonderheit: Statt mit Essig wird der originale Dijonsenf mit Verjus hergestellt, dem sauren Saft unreifer Weintrauben, der im Geschmack deutlich milder ist als Essig. Der Legende nach soll sich das der Dijoner Senfproduzent Jean Naigeon im Jahr 1752 haben einfallen lassen. Mittlerweile produzieren auch Nicht-Franzosen den extrascharfen Dijonsenf, vom österreichischen Mautner-Markhof bis zum Düsseldorfer Löwensenf haben ihn eigentlich alle im Programm.

Dijongate um Obama

Auch in Washington sitzt ein Liebhaber des Dijonsenfs. Nachdem US-Präsident Barack Obama bei seinem ersten Flug mit der Air Force One vergeblich nach dem scharfen Senf gefragt hatte, bekam er sogleich ein Paket aus Frankreich. Dass er beim Burgeressen mit Vizepräsident Joe Biden zu seinem Burger einmal vor laufender Kamera nach Dijonsenf verlangte, sorgte dagegen für böses Blut. Mehreren konservativen Kommentatoren passte das gar nicht: Der Demokrat Obama halte sich wohl für etwas Besseres. Ein echter Mann des Volkes hätte Ketchup genommen.

Das Bild, dass Dijonsenf elitär sei, kommt in den USA auch von den Werbespots des Senfherstellers Grey-Poupon in den 1980er-Jahren. Darin bestellen zwei etwas versnobte britische Gentlemen den extrascharfen Senf, also: etwas für Aristokraten und Feinschmecker. Völlig falsch verstanden, meinte Barry Levenson, der Chef des größten Senfmuseums der Welt, nach Dijongate im US-amerikanischen „Chicago Tribune“. Was diese Werbung eigentlich zeigen wollte: Mit einem gar nicht so teuren Produkt isst man gleich eleganter. Eben mit Dijonsenf. Voilà!

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2016)

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