Ein Bier für Egon Schiele

Bierbrauer Markus Führer von der Gablitzer Privatbrauerei.
Bierbrauer Markus Führer von der Gablitzer Privatbrauerei.Die Presse/Akos Burg
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Bierbrauer Markus Führer widmet seinem Großonkel dritten Grades ein Bier, das heute beim Grätzelfest in der Wiener Herrengasse ausgeschenkt wird.

Besser hätte es sich Markus Führer in seinem früheren Job als Werber wohl nicht ausdenken können. Der Bierbrauer hat durch einen Zufall seine – wenn auch weitschichtige – Verwandtschaft zu dem Maler Egon Schiele entdeckt. Und – da Führer nun keine Werbefilme mehr macht, sondern Bier braut – seinem Großonkel dritten Grades ein Bier gewidmet: Egon, ein böhmisches Pils.

Dieses Egon wird nicht nur heute beim Grätzelfest in der Herrengasse ausgeschenkt. Es ist auch sozusagen das Bier zum Film „Egon Schiele. Tod und Mädchen“, der am 7. Oktober in die heimischen Kinos kommt. Bevor Führer aber seine Geschichte mit Egon Schiele erzählt, erzählt er jene, warum er von Werber auf Bierbrauer gewechselt hat. Knapp 30 Jahre hat er nämlich in der Werbebranche gearbeitet. Über einen Kunden – einen Hobbybrauer – sei der Biertrinker auf die Idee gekommen, das Bierbrauen auch einmal auszuprobieren. Das war 2009. In der Zwischenzeit ist er mit seiner Familie an den Wiener Stadtrand, nach Gablitz, gezogen. „Dort gibt es eine uralte Brautradition, die bis ins 12. Jahrhundert zurückreicht.“

Solides Bier statt Craft Bier

2012 hat er sein noch im Keller gebrautes Gablitzer Original, ein böhmisches Pils, bei der Staatsmeisterschaft eingereicht und auf Anhieb gewonnen. Im Jahr darauf gab es eine Vizestaatsmeister-Titel für das Bernstein-Bier. „Da war der Druck schon groß, mehr daraus zu machen.“ Also hat er sich entschlossen, ein Brauhaus zu bauen, die Gablitzer Privatbrauerei, die im März 2015 eröffnete. Mittlerweile hat er den Job in der Werbung an den Nagel gehängt und braut nur noch Bier. „Beides wäre sich nicht ausgegangen.“ 720 Hektoliter braut er derzeit im Jahr. „Man sagt ab 1000 Hektoliter im Jahr hat es wirtschaftlich Sinn, das will ich heuer erreichen. Aber ich will langsam wachsen. Ich habe zu oft gesehen, dass es nicht gut ist, wenn etwas zu schnell wächst.“

Führer ist einer jener Brauer, die mit dem Craft-Bier-Hype wenig am Hut haben. „Wenn man Craft Bier hört, denkt man an kiloweise Hopfen, bitter bis zum Abwinken und irgendwelche exotischen Kräuter drinnen. Was ich mache, ist solide gebrautes Bier. Das bekommt auch seine Freiheit und Kreativität, allein dadurch, dass ich es so mache, wie ich es mache“, sagt Führer. Deshalb hat er (derzeit) kein IPA im Sortiment – das stark hopfenhältige Bier gilt als Aushängeschild der jungen Craft-Bier-Szene. Stattdessen gibt es ein böhmisches Pils, ein Bernstein Märzen, ein Wiener Lager, ein Bock (alles Bierstile, die hier Wurzeln haben), aber auch Dinge wie ein Emmer Ale, ein Whisky Stout – eine Irlandreise ist schuld – oder ein Rosenbier. „Das hab ich für meine Frau gemacht, sie liebt alles, was mit Rosen zu tun hat.“

Egon Schiele hat er nun eben ein spezielles böhmisches Pils gewidmet, mit Saazer-Hopfen („der typische tschechische Hopfen“) und Citra-Hopfen. „Ich wollte damit ein Wechselspiel zwischen dem Lieblichen, das für mich meine Verwandtschaft symbolisiert, und einer herben, bitteren Note, in Hinblick auf die Probleme, die Schiele zu seiner Zeit hatte.“

Ein Bild im Haus der Großmutter in Eichgraben war ausschlaggebend, dass Führer auf seine Verwandtschaft mit Schiele stieß. Auf diesem Bild war nämlich die Heimat der Großmutter, Krumau, abgebildet. Also wollte Führer sich diese Stadt genauer anschauen. Im dortigen Schiele-Museum fiel ihm auf, dass seine Großmutter, genauso wie Schieles Mutter, nämlich Soukup, hieß. „Ich bin dann draufgekommen, dass der Name dort so üblich ist, wie bei uns Mayer. Es hat mir trotzdem keine Ruhe gelassen.“ Skeptisch ist er geworden, als er bei seiner und Schieles Familie auf einen Anton Soukup aus dem Dorf Mirkovice stieß. „Das war damals ein 30-Seelen-Dorf.“ Dieser Anton Soukup ist Führers Urururgroßvater und Schieles Urgroßvater. Schiele ist also Führers Großonkel dritten Grades.

Also hat Führer das Egon-Bier kreiert. Heute, Freitag, wird es in der Herrengasse ausgeschenkt. Dort wird nämlich bei einem Grätzelfest der erste Abschnitt der Begegnungszone gefeiert. Und passenderweise im Vienna-1900-Store das Egon-Bier kredenzt.

ZUR PERSON

Markus Führer war knapp 30 Jahre lang in der Werbebranche tätig und eröffnete 2015 die Gablitzer Privatbrauerei. Mittlerweile ist er nur noch als Brauer tätig. Durch Zufall entdeckte er, dass er mit dem Maler Egon Schiele weitschichtig verwandt ist und widmete ihm das Egon-Bier.

Grätzelfest in der Herrengasse. Heute, Freitag, wird in der Herrengasse unter dem Motto „Dancing in the Street“ der erste Abschnitt der neuen Begegnungszone gefeiert (16 bis 22 Uhr). Dabei wird u. a. das Egon-Bier ausgeschenkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2016)

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