Die geschützte steirische Käferbohne

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das europäische Herkunftssiegel "g.U." (geschützte Ursprungsbezeichnung) soll die steirische Käferbohne vor Konkurrenz aus China schützen.

Auch Gemüse ist vor dem Schubladendenken nicht gefeit. Man stelle sich nur einmal eine Artischocke und eine Bohne vor, und lasse seinen Assoziationen freien Lauf. Während die Artischocke etwas Anmutiges, Nobles hat, erinnert die Bohne eher an ein Arme-Leute-Essen. Erstere wird beim noblen Italiener im Rahmen eines mehrgängigen Menüs als Zwischengang gereicht. Letztere darf in Form eines Eintopfs satt machen. Nein, den Glamour des italienischen Gemüses wird die schlichte Bohne nie erreichen. Ob sie das verdient hat, sei dahingestellt.

Die Käferbohne aber hat es geschafft, sich immerhin ein bisschen von diesem Image zu lösen. Daran sind die Steirer schuld, die sie allen voran in Form von Käferbohnensalat mit reichlich Kürbiskernöl (ebenfalls ein identitätsstiftendes Lebensmittel des Bundeslandes) zu einem fixen Bestandteil ihrer Bretteljausenkultur gemacht haben. Und dieses kulturelle Erbe nach wie vor zelebrieren. Jetzt hat die Käferbohne einen weiteren Schritt unternommen, der sie zu etwas Besonderem macht.

Um sich gegen die billige Konkurrenz aus China zu wappnen, hat die steirische Käferbohne im Sommer diesen Jahres von der EU eine geschützte Herkunftsbezeichnung erhalten. Seit August darf an die steirische Käferbohne – und nur an sie – das Kürzel „g.U.“ (geschützte Ursprungsbezeichnung) angehängt werden. Dem Kürbiskernöl hat dieses Siegel, das es 1996 erhalten hat, nicht schlecht getan.

Seit 2009 bemüht man sich in der Steiermark um die Bezeichnung für die Käferbohne. „Die Konkurrenz aus China war ein wichtiger Hintergrund für den Herkunftsschutzantrag“, sagt dazu Ulrike Schilder von der Landwirtschaftskammer Steiermark. Seit rund zehn Jahren sind die chinesischen Käferbohnen hierzulande immer mehr geworden. Und das liegt an den klimabedingten Ernteausfällen. Die Käferbohne kann mit Hitze und Trockenheit nur schwer umgehen. Aus Selbstschutz wirft sie in einem besonders heißen und trockenen Sommer ihre Blüten ab. Und da sie von Juni bis September in mehreren Etappen blüht, ist die Ernte, die hierzulande meist im November eingefahren wird, oft gefährdet. Das konnten auch Jürgen und Katharina Kröpfl in den vergangenen Jahren des Öfteren beobachten. Die beiden betreiben im steirischen Pöllau eine gemischte Landwirtschaft und haben gemeinsam mit dem Obstbauern Daniel Muhr die Firma Steirer-Packerl ins Leben gerufen, die Geschenkboxen mit steirischen Produkten vertreibt.

Totreife

Seit fünf Jahren baut Familie Kröpfl auch Käferbohnen an. Von ihnen allein könnte sie nicht leben. Nicht nur, weil es in der Landwirtschaft nach wie vor ein Nischenprodukt ist, sondern weil es eben extreme Ertragsschwankungen gibt. Heuer war etwa ein sehr gutes Jahr für die Käferbohne. 900 Kilogramm konnte Herr Kröpfl auf rund zwei Hektar ernten. In schlechten Jahren waren es gerade einmal 100 Kilogramm. „Das weiß man nie. Deshalb haben wir auch eine Mischkultur mit Mais“, sagt Jürgen Kröpfl. So könne er zwar weniger Käferbohnen ansetzen, habe aber in schlechten Käferbohnenjahren immerhin einen Ertrag bei der Maisernte. Außerdem dient der Mais der bis zu sieben Meter hohen Käferbohnenpflanze als Rankhilfe.

Geerntet kann die Käferbohne erst nach dem ersten Frost werden. Den Frost braucht sie weniger für den Geschmack (wie das bei manch anderen Pflanzen der Fall ist), sondern vielmehr wegen der Trockenheit der Bohne und weil sich die Bohnen dadurch mit Hilfe des Mähdreschers einfacher aus der braunen, vertrockneten Schote lösen lassen. „Das ist eine Totreife. Jede Pflanze stirbt, erst dann kann ich ernten“, sagt Kröpfl, der auch Kürbisse anbaut, aus denen Kürbiskernöl gemacht wird, Nudeln aus seinem Getreide produzieren lässt und Hühner hält, deren Eier er verkauft. Auch einen Gartenbaubetrieb, der Fertigrasen anbietet, betreibt die Familie.

„Die Freilandeier hatte schon meine Mutter vor 25 Jahren. Damals war das einer der ersten Betriebe. Die Leute haben gesagt, die spinnt ja, weil sie Hendln im Freien hält“, sagt Kröpfl. Er hat diese Woche, nach langem Zittern, die Käferbohnenernte eingefahren. Das ist dank dem Mähdrescher in wenigen Stunden erledigt. Arbeit macht die Pflanze auch zuvor nicht allzuviel. Im Mai wird sie gemeinsam mit dem Mais ausgesät. Außer einiger weniger Pflanzenschutzbehandlungen kann der Bauer danach nur auf das richtige Wetter hoffen. „Dann kann ich bis auf einige Kontrollgänge auch nicht viel machen, ich kann nicht einmal reingehen, weil es so dicht ist.“ Sonst kann er nur beten, dass die Pflanze während der Blüte genug Wasser bekommt. Danach darf es gern heiß sein, aber eben nicht zu heiß. „Der ideale Standort ist nahe am Bach, wo auch nicht zu viel Wind geht.“ Alle vier, fünf Jahre kann er die Käferbohne am selben Feld anbauen.

Rezept: Käferbohnenkonfekt

100 g Käferbohnen, 100 g Marzipan, 100 g Kürbiskernkrokant (oder Kürbiskerne und karamelisierter Zucker), Rum, Schokoladeglasur.

Käferbohnen über Nacht einweichen, in Zuckerwasser kochen und passieren. Für das Kürbiskernkrokant Kürbiskerne rösten und mit karamellisiertem Zucker vermengen, auskühlen lassen und grob hacken. Käferbohnenpüree, Marzipan, Kürbiskernkrokant und Rum verkneten und kleine Kugerln formen. Diese mit weißer und dunkler Schokolade glasieren und beliebig verzieren. Kühl aufbewahren.

Quelle: www.genuss-region.at

Keine Hybridzüchtungen

Vermehrt wird übrigens selbst, indem die besten Käferbohnen im nächsten Jahr wieder in die Erde gesteckt werden. „Wir bauen nur unsere eigenen Bohnen an. Zum Glück gibt es da noch keine Hybridzüchtungen wie beim Kürbis, das wird wohl noch 30 Jahre dauern“, sagt Kröpfl. Die Hybridzüchtungen bringen zwar wesentlich mehr Ertrag, haben aber den Nachteil, dass sie nicht weitergezogen werden können. Der Bauer müsste also jedes Jahr neue Samen, sprich Bohnen, kaufen. „Man könnte eine Hybridzüchtung schon auch weiterziehen, aber man weiß nicht was rauskommt“, sagt Katharina Kröpfl. Ihr ist es lieber, stets die eigene Sorte, die sich an den Boden gewöhnt hat, weiterzuziehen. Daran erkenne man auch den Unterschied zu den chinesischen Käferbohnen, meint sie: „Im Kern wird gespeichert, was im Boden drin ist.“

Nach der Ernte wird das Bohnen-Mais-Gemisch sortiert. In den vergangenen Jahren hat das die Familie händisch gemacht, heuer übernimmt das die Maschine eines Kollegen. Danach werden die Bohnen getrocknet. 18 Stunden lang werden sie zwischen 50 und 60 Grad Celsius getrocknet. „Es ist wichtig, dass das langsam und schonend geht. Wenn sie zu schnell erhitzt werden, platzen die Bohnen“, sagt der Bauer. Danach sind die Käferbohnen beinahe unbegrenzt haltbar. Kröpfl friert sie daraufhin aber zur Sicherheit noch zwei, drei Wochen ein. „Man sagt, in jeder Käferbohne kann ein Käfer drinnen sein. Deshalb frieren wir sie auch noch ein, damit bestimmt nichts sein kann“, sagt Kröpfl. Verkauft werden die Käferbohnen ab Hof, über einen Selbstbedienungsladen oder via Versand, meist in Form eines Steirer-Packerls.

Dass die Käferbohne etwas typisch Steirisches ist, war übrigens nicht immer so. Ursprünglich kommt die Pflanze, die auch Feuerbohne genannt wird, aus Zentralamerika. Im 16. Jahrhundert kam sie nach Österreich, erst im 19. Jahrhundert wurde sie in der Steiermark heimisch. Heuer haben sich 140 Betriebe (mit einer Fläche von insgesamt 600 Hektar) bei jener Kontrollstelle gemeldet, die die Herkunftsbezeichnung „g.U.“ vergibt. Es wird spannend, ob die steirische Käferbohne dadurch ähnlich erfolgreich wird wie das Kürbiskernöl. Und ob die Bohne damit der gedanklichen Schublade entkommt.

Kröpfls Lindenhof

Familie Kröpfl betreibt im steirischen Pöllau einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Freilandhühnern und Ackerbau (Getreide, Kürbis, Käferbohnen). Gemeinsam mit dem Obstbauer Daniel Muhr verkaufen sie verarbeitete Produkte über das Steirer-Packerl. www.steirerpackerl.at

SB-Hofladen: Schönau 5, 8225 Pöllau, www.kroepfls-lindenhof.at

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2016)

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