Geschmacksfrage: Kantinen-Küche

Gefeierte Köche werken neuerdings in Kantinen: Jürgen Wolf kocht für die ORF-Kollegen vom Hörfunk ganz gut und billig.

Von Zeit zu Zeit muss man als Kommentator einen Denker zitieren, das habe ich von meinem Chefredakteur gelernt. Daher heute Monaco-Franze: „Das Einzige, was in meinem Leben Kontinuität hat, ist die dicke Sauce in der Kantine.“ Das sagt nicht nur einiges über das Leben in München aus, sondern ist auch ein treffendes Pauschalurteil über Kantinen: In keiner anderen gastronomischen Einrichtung wird so regelmäßig so schlecht gegessen. Werkskantinen sind das Einzige, was vom
Realsozialismus übrig geblieben ist.

Wolf am Mittagstisch. Doch neuerdings gibt es auch Ausnahmen dieser Regel, die bitte sofort Schule machen sollten: Da wäre einmal die moderne Kantine der Anker-Versicherung namens Limes, die abends zum edlen Innenstadt-Restaurant mutiert. Dort kocht wie berichtet die sehr talentierte Martina Willman. Eine detaillierte Kritik folgt in Kürze, über das Interieur kann ich schon ätzen: Das Problem einer bestimmten Art von Innenausstattung ist die Zeit; schon nach wenigen Monaten sieht so ein Lokal alt aus. Ganz anders die klassische Moderne im Café im Radiokulturhaus, das die Mitarbeiter der ORF-Edel-Radiosender versorgt (Ö1, FM4, etc.). In dem von Adolf Krischanitz gestalteten verwinkelten Café kocht nun Jürgen Wolf, der mit seinem gleichnamigen schlichten Neo-Beisl in der Burggasse zur Recht für Furore gesorgt hat. Nun aber zum Mittagstisch im Radiokulturhaus-Café: Der Mann steht wirklich in der Mini-Kantinen-Küche und kocht täglich zwei Menüs. Zum Start gibt es einen gut abgeschmeckten Mini-Salat mit steirischen Käferbohnen, es folgt eine Asia-Nudel-Variation: prinzipiell ein unmögliches, weil immer den gleichen Zwiebel-Soja-Geschmack entfaltendes Gericht. Aber zu Wolfs Ehrenrettung sei gesagt, dass er es dank Gemüseeinsatz auch mit angesagten Asiaten der Stadt aufnimmt. Als Alternative bietet er Hühner-Geschnetzeltes mit einem schönen Schuss Curry. Das alles kostet absurd wenig, zwei Gänge um fünf, sechs Euro. Diese Tatsache, das smarte Cafe und die coolen Kollegen machen es völlig unverständlich, dass jemand auf den Küniglberg wechseln will. Die Kantine dort – siehe ganz oben.

Caf© im Radiokulturhaus

Argentinierstraße 30a. 1040 Wien.

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