Die Testerinnen: Clementine im Glashaus

(c) Teresa Zoetl
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Glücksmomente und kleine Schwächeintermezzi unter Glas.

(c) Teresa Zoetl

Angesichts der Lampen ein Déjà-vu: Ohne Tom Dixon geht es auch im neuen Lokal des Palais Coburg nicht. Im Basteigarten baute man um und eröffnete als Clementine im Glashaus neu. Die Bestuhlung sei eine Leihgabe vom Chinarestaurant Zum glücklichen Karpfen, meint die Tischgenossin beim Anblick des Polsterstoffs, der Boden wurde nur zur Hälfte neu gemacht – das Ambiente gibt sich etwas uneinheitlich. In der Küche steht mit Martin Nuart nun ein junger Kärntner, der zuvor bei Silvio Nickol im selben Haus kochte und davor bei Hannes Müller am Weißensee. „Ich hätte ihn gern behalten“, sagt Müller über Käser-Sohn Nuart, „der hat was drauf.“ Dass Müller damit prinzipiell sehr recht hat, erkostet man etwa an Nuarts Karfiol-Vorspeise. Dass dieses Gemüse am allerbesten schmeckt, wenn man es röstet, kann man bei diversen britischen Kochbuchschreibern nachlesen. Hierzulande setzt sich diese Erkenntnis zum Glück auch schon durch. Nuart kombiniert den durchs Rösten auf intensiv-nussig getrimmten Karfiol gekonnt mit Madeira, Rosinen und Rahm – Glücksgefühle gleich beim ersten Gang. Suppen hat Nuart gerade keine auf der Karte, also wird es ein Radicchio-Risotto mit Schafkäse als Zwischengericht. Hier und an den Gnocchi mit Stärkemehlverdacht zeigt sich, dass die Leistung so wie die Einrichtung noch etwas uneinheitlich ist. Wobei, Rohheit scheint Programm – der Reis ist deutlich zu roh, der Radicchio in eher sinnlosen rohen Streifen daraufgelegt statt mitgegart. Aber dann das Huhn: Mit Raucharomen, einer Umami-Glasur und mit karamellisierten, hocharomatischen Pastinaken angerichtet, zieht es mit dem Karfiol gleich. Ein Trummfilet vom Zander kommt großflockig paniert als „Backfisch“ zu Tisch, dazu ein zitronengrasiges Erdäpfelpüree – solide Leistung. Den Schweinebauch (hier mit Erbsencreme und Rettich) könne ihr philippinischer Exfreund zwar besser, sagt die Tischgenossin, aber gar viel Grund zur Beschwerde gibt es nicht. Schon gar nicht übrigens, was das junge, unglaublich motivierte Serviceteam betrifft. Das Erdnusseis zum Scheiterhaufen überrascht mit fruchtiger Wucht, das Blauschimmelkäseeis ist ungestüm und mutig, also hochwillkommen. Und sogar dazu findet sich ein Wein – beim Coburg-Keller kein Wunder.

Tipp

Clementine im Glashaus, Coburgbastei 4, 1010 Wien, Tel: 01/518 181 300. 7–11.30, 11.30–15, 18–22.30 Uhr.

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